Auf dem Münchner Marienplatz äußerte sich der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Kardinal Marx, besorgt darüber, dass mittlerweile auch in der Kirche eine "Sprache der Polarisierung" und Richtungskämpfe herrschten. "Bei aller Vielfalt, die das katholische Leben hat: Wir gehören zusammen, hier an diesen einen Tisch", sagte er in seiner Fronleichnamspredigt.
Der Münchner Erzbischof rief dazu auf, die Sprache immer wieder zu überprüfen. Die Fronleichnamsprozession sei auch eine "Demonstration der Selbstverpflichtung", dass die Christen Zeichen und Werkzeug der Einheit sein wollten für alle Menschen.
Kardinal Woelki: Kampf gegen Hunger verstärken
In Köln hat Kardinal Rainer Maria Woelki die Staatengemeinschaft zum verstärkten Kampf gegen Hunger und Elend aufgefordert. Hunger sei oftmals Ursache sowie Folge von massenhafter Vertreibung und Flucht, sagte er am Donnerstag im Gottesdienst zum Fronleichnamsfest in Köln. Hunger und Vertreibung aber seien politische Probleme, "und politische Probleme sind zu lösen", so der Kölner Erzbischof.
Zum Wunder der Sättigung gehöre das Teilen, sagte Woelki mit Verweis auf den Evangeliumstext über die wundersame Brotvermehrung. "azu gehört die Schaffung von Gerechtigkeit und Teilhabe an Wohlstand und Bildung. Dazu gehört humanitäre Hilfe mit langfristigen Entwicklungschancen". Notwendig sei zudem die Hilfe zur Selbsthilfe für die Betroffenen.
In einer Welt des Überflusses würden nach wie vor Menschenrechte von Millionen Bedürftigen verletzt, beklagte Woelki. Er erinnerte an die 2015 von den Vereinten Nationen formulierten Nachhaltigkeitsziele, zu denen auch die Verbannung des Hungers auf der Welt bis 2030 gehört. Tatsächlich aber litten laut Welthunger-Index 2018 rund 124 Millionen Menschen unter akutem Hunger. Das sei ein "markanter Anstieg" gegenüber den 80 Millionen im Jahr davor, so der Kardinal.
"Als Christen für die abgelegenen Momente offen sein"
Erzbischof Stefan Heße hat am Fronleichnamsfest erstmals einen Open-Air-Gottesdienst am Hamburger Hafen gefeiert. An der Veranstaltung am Donnerstagmorgen auf dem Fischmarkt nahmen nach Angaben des Erzbistums rund 6.000 Schüler aus den katholischen Schulen der Hansestadt teil.
Heße rief zu Solidarität und Mitmenschlichkeit auf: "Schaut nicht nur auf das, was jeder sieht!", rief er den Schülern zu. "Als Christen sollten wir auch für die abgelegenen und ungelegenen Momente offen sein." So sei er dankbar, "dass sich so viele Christen um Menschen kümmern, die auf der Flucht sind". Mehr als 50 Messdiener begleiteten den Erzbischof auf dem Weg zum Altar. Schüler gestalteten die Feier mit Elbblick musikalisch.
Seit dem Mittelalter finden an Fronleichnam Prozessionen statt, so auch in Hamburg. Dort zieht Heße am Abend nach einem Festgottesdienst im Mariendom (19.00 Uhr) mit der Gemeinde durch den Stadtteil St. Georg.
Paderborner Erzbischof: "Aus der Kraft der Liebe leben"
Im Erzbistum Paderborn ging Erzbischof Hans-Josef Becker in seiner Predigt auf die Themen Umwelt und Natur ein. Er beklagte die zunehmende Entfremdung der Menschen zur natürlichen Umwelt in der heutigen Zeit. Der Sinn für die Natur sei weitgehend verloren gegangen. Für die frühen Christen sei die Natur ein Buch Gottes gewesen, in dem alle lesen konnten, sagte Becker laut Predigttext am Donnerstag im Festgottesdienst zu Fronleichnam im Paderborner Dom.
"In der Moderne haben wir den Sinn dafür weitgehend verloren, weil wir vieles nur noch rein technisch sehen." Die Botschaft vom "Immer mehr" und vom "Nur nicht zu kurz kommen" mache auch unempfindlich gegenüber dem Leid der anderen, warnte er. Der Erzbischof warb für mehr Empathie im täglichen Miteinander: "Wenn wir aus der Kraft der Liebe leben, dann haben Egoismus und Raubbau keinen Platz."
An der Prozession im Anschluss an den Gottesdienst mit Erzbischof Becker nahmen den Angaben zufolge unter anderem Kommunionkinder, Schützen, Mitglieder des Ritterordens vom Heiligen Grab, Ordensschwestern und Fahnenabordnungen teil. Musikalisch begleitet wurde die Prozession vom Paderborner Domchor und der Mädchenkantorei unter der Gesamtleitung von Domkapellmeister Thomas Berning, wie das Erzbistum mitteilte.
Fest des Leibes und Blutes Christi
Am Donnerstag feierten katholische Christen das Fronleichnamsfest. In mehreren Bundesländern, darunter Nordrhein-Westfalen, ist Fronleichnam gesetzlicher Feiertag. Der Name bedeutet übersetzt so viel wie "Fest des Leibes und Blutes Christi". Er leitet sich ab aus den althochdeutschen Begriffen "vron" für "Herr" und "licham" für "Leib". Im Mittelpunkt des Hochfestes zehn Tage nach Pfingsten steht das eucharistische Brot, für die Katholiken ein Realsymbol für die Gegenwart Christi.
Diese Gegenwart wird an Fronleichnam in besonderer Weise gefeiert, indem eine in einem Gottesdienst geweihte Hostie in einer Monstranz, einem liturgischen Schaugefäß, in einer Prozession durch die Straßen getragen wird. An einzelnen Stationen wird das Evangelium vorgetragen, Fürbitte gehalten und ein Segen gespendet. Mit dem Fest Fronleichnam erinnern die Katholiken an die Gegenwart Jesu im Sakrament der Eucharistie.