Schutz der Weltmeere ist Thema einer großen UN-Konferenz

Wirtschaftsfaktor und bedrohtes Paradies

Wenn von den Ozeanen der Welt die Rede ist, zeigen TV-Anstalten gern Bilder von trübem Wasser, in denen Plastiktüten schwimmen. Es ist nicht das einzige Problem, unter dem die Meere leiden.

Autor/in:
Joachim Heinz
Korallen am Great Barrier Reef in Gefahr / © Aims (dpa)
Korallen am Great Barrier Reef in Gefahr / © Aims ( dpa )

Politiker und Diplomaten, Vertreter aus Wirtschaft und Medien blicken in diesen Tagen auf den G7-Gipfel der wichtigsten Wirtschaftsnationen im bayerischen Elmau. Und natürlich auf den Krieg in der Ukraine. Die am Montag in Lissabon beginnende Ozean-Konferenz der Vereinten Nationen wird wohl eher unter dem Radar der Öffentlichkeit laufen - obwohl Gastgeber Portugal und Mitorganisator Kenia bis zu 5.000 Teilnehmer erwarten.

Dabei hätte das Treffen, das eigentlich schon 2020 stattfinden sollte wegen der Corona-Pandemie aber verschoben wurde, mehr Aufmerksamkeit verdient. "Blauer Planet" - so wird die Erde gern genannt. Die Ozeane bedecken 70 Prozent der Oberfläche und beherbergen bis zu 80 Prozent allen Lebens. Seit 1970 haben die Weltmeere zugleich bis zu 30 Prozent des vom Menschen emittierten Kohlenstoffdioxids und 90 Prozent der aus der Klimakrise resultierenden Wärme absorbiert.

Den Meeren geht es schlecht

Eine Plastikflasche liegt am Strand  / © Wayne Parry (dpa)
Eine Plastikflasche liegt am Strand / © Wayne Parry ( dpa )

Steigende Wasserstände und der Klimawandel setzen die Ökosysteme unter Druck und damit auch jene 680 Millionen Menschen, die schon heute entlang der Küstenregionen leben. Hinzu kommen Verschmutzung und Überfischung. So gelangen laut UN-Angaben jedes Jahr elf Millionen Tonnen Plastik in die Ozeane. Der Anteil an Fischbeständen auf einem biologisch nachhaltigen und damit stabilen Niveau ging von 90 Prozent im Jahr 1974 auf 66,9 Prozent im Jahr 2015 zurück.

Zugleich stellen die Weltmeere einen bedeutenden Wirtschaftsfaktor dar: Allein die Fischerei bietet weltweit 57 Millionen Arbeitsplätze. Rund 80 Prozent des Tourismus findet in Küstengebieten statt. Und die in den Tiefen schlummernden Rohstoffe wecken Begehrlichkeiten bei internationalen Großkonzernen. Beispiel Manganknollen. Die kartoffelgroßen Knollen bedecken auf Hunderten von Quadratkilometern den Meeresboden. Sie enthalten neben dem namensgebenden Mangan auch Nickel, Kupfer, Kobalt und Seltene Erden - Rohstoffe, die etwa bei der Produktion von Handys oder Elektroautos zum Einsatz kommen und immer begehrter werden.

Befürworter versprechen sich vom Tiefseebergbau eine kostengünstige Versorgung mit Rohstoffen. Die Gewinnung von Metallen aus dem Ozean ist ihrer Ansicht nach dem Erzbergbau an Land vorzuziehen, der mit hohen ökologischen und sozialen Kosten verbunden ist. Umweltschützer hingegen warnen vor den Folgen für das vielfach nur in Ansätzen erforschte Ökosystem der Tiefsee.

Wenig Verbindliches

Nichtregierungsorganisationen wie Misereor, Brot für die Welt oder BUND sehen vor allem ein Problem: Es fehlt an verbindlichen internationalen Übereinkünften zum Schutz der Meere. Zwar hätten sich die G7 erst im Mai mit ihrem Ocean Deal auf ein Aktionsprogramm zum Meeresschutz verständigt. Aber zu befürchten sei, dass die beteiligten Parteien auch hier vor allem auf freiwillige Maßnahmen setzten.

Von den an der Ozeankonferenz teilnehmenden Regierungen erwarten die Organisationen daher "ein ambitioniertes Bekenntnis für weltweite Zusammenarbeit in der Meerespolitik mit klaren politischen Entscheidungen und konkreten Maßnahmen". Beispielhaft nennen sie ein rechtsverbindliches UN-Abkommen zum Schutz der Biodiversität in Meeresgebieten jenseits nationaler Rechtsprechung. Oder die Ausweisung eines Meeresschutzgebietes im antarktischen Wedellmeer.

Neue Konfliktherde

Eisberge im Weddellmeer, Antarktis / © Janelle Lugge (shutterstock)
Eisberge im Weddellmeer, Antarktis / © Janelle Lugge ( shutterstock )

Sowohl die Gewässer um die Antarktis wie die um die Arktis sind in letzter Zeit verstärkt in den Fokus geopolitischer Ambitionen gerückt. Das birgt die Gefahr von Konflikten, wie die in London lehrende Historikerin Kristina Spohr erläutert. Michael Paul von der Stiftung Wissenschaft und Politik deutet in seinem unlängst erschienenen Buch "Der Kampf um den Nordpol" aber auch an, dass die Arktis ein Laboratorium für ein friedliches Miteinander der Nationen werden könnte. Trotz fortschreitender Erderwärmung erfordere das rauhe Klima eigentlich Kooperation statt Konfrontation: in der Schifffahrt, bei der Ausbeutung von Ressourcen. Und beim Schutz der Umwelt.

Vielleicht sendet die bis Freitag dauernde Konferenz in Lissabon ja Signale in eine ähnliche Richtung. Trotz des Ukraine-Kriegs und all der anderen Herausforderungen, vor denen die Menschheit derzeit steht.

Enzyklika "Laudato si"

Klimawandel, Artenvielfalt, Trinkwasser: Diese Themen bestimmen die Umweltenzyklika von Papst Franziskus. Er wendet sich damit an "alle Menschen guten Willens" - und erklärt, warum eine ökologische Umkehr auch soziale Gerechtigkeit bedeutet. Papst Franziskus hat die reichen Industrienationen zu einer grundlegenden "ökologischen Umkehr" aufgefordert, um globale Umweltzerstörung und Klimawandel zu stoppen.

Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani (KNA)
Deutsche Ausgabe der Enzyklika "Laudato si" / © Cristian Gennari/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA
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