Sellmann fordert wegen Kirchensteuer Signale der Kirche

Auf Staatsleistungen verzichten

Eine Mehrheit in Deutschland hält die Kirchensteuer offenbar für nicht mehr zeitgemäß. Die Kritik an dem System ist nicht neu, doch alarmierend, sagt Theologe Matthias Sellmann. Nun brauche es ein deutliches Zeichen.

Symbolbild Geldscheine und Euromünzen / © Elena.Katkova (shutterstock)
Symbolbild Geldscheine und Euromünzen / © Elena.Katkova ( shutterstock )

Vor dem Hintergrund einer schwindenden Akzeptanz für die Kirchensteuer hat der Theologe Matthias Sellmann deutliche Signale von der Kirche gefordert.
"Wir müssen ein Zeichen setzen, dass wir uns nicht eigennützig an der Öffentlichkeit gutes Zeichen dafür wäre laut Sellmann, wenn die Kirche etwa auf eine finanzielle Ablösung der Staatsleistungen verzichten würde.

Das Erbe Napoleons

Die Staatsleistungen sind eine Art Entschädigung dafür, dass bei der Säkularisation 1803 viel Kirchenbesitz verstaatlicht wurde. Für die beiden großen Kirchen machen sie jährlich etwa 600 Millionen Euro aus; davon gehen rund 60 Prozent an die evangelischen Landeskirchen. Bislang haben Bund, Länder und Kirchen noch keine Ablösung vereinbart. 

Zuvor hatten bei einer YouGov-Umfrage im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur (dpa) fast drei Viertel der Befragten angegeben, dass sie das Einziehen der Kirchensteuer nicht mehr für zeitgemäß halten. Nur 13 Prozent sahen dies anders. 

Die Fragestellung nach "zeitgemäß" bezeichnete Sellmann zwar als suggestiv. Zugleich überraschte ihn der Befund nach eigenen Worten nicht. Die Akzeptanz der Kirchensteuer werde offensichtlich vermehrt infrage gestellt. Das liege auch daran, dass die gesellschaftliche Bindungsfähigkeit der Kirchen abnehme.

Zur Rechtfertigung genötigt

"Das geht soweit, dass sich Menschen inzwischen genötigt fühlen, ihre Kirchenmitgliedschaft im Freundes- oder Bekanntenkreis zu rechtfertigen", erklärte Sellmann und warnte: "Alle, die wollen, dass eine starke Kirche in Deutschland bestehen kann, sollten alarmiert sein." 

Auch unabhängig von der Umfrage und der Kirchensteuer-Frage sieht der Theologe einen "riesigen Vertrauensverlust in die Organisationsfähigkeit der Kirche". Das sei vor allem für kirchliches Personal und Engagement in den Gemeinden bedauerlich, die zwar noch überwiegend positiv wahrgenommen würden, aber unter der medialen Repräsentation der gesamten Institution litten.  

"Sie können vor Ort gar nicht so gut sein, wie sie auf größerer Ebene in den Sog der Unglaubwürdigkeit geraten." 

Matthias Sellmann

Mattias Sellmann wurde 1966 in Neheim geboren und ging in Höxter zur Schule. 1985 machte er sein Abitur und leistete anschließend seinen Wehrdienst. Er studierte Katholische Theologie zunächst an der Universität in Paderborn, unterbrach sein Studium aber nach zwei Jahren für ein "Freiwilliges Soziales Jahr". Das verbrachte er in der Schwerst-Altenpflege im Caritas-Altenheim in Herten. 

Im Anschluss studierte er an der Universität in Bonn weiter und absolvierte dort 1994 sein Diplom in Theologie. Ein Jahr später machte er sein Examen in Sozialwissenschaften. 

Matthias Sellmann / © Julia Steinbrecht (KNA)
Matthias Sellmann / © Julia Steinbrecht ( KNA )
Quelle:
KNA