Nach Information der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung", die diese in ihrer Ausgabe vom Montag veröffentlicht hat, will der bayerische Justizminister Georg Eisenreich (CSU) seine Kollegen auf der bevorstehenden Justizministerkonferenz für eine Beschlussvorlage gewinnen, wonach die Aufbewahrungs- und Speicherfrist bei Ermittlungsverfahren wegen Sexualstraftaten auf jeweils zehn Jahre verlängert werden sollen.
Akten zu eingestellten Ermittlungsverfahren werden derzeit fünf Jahre aufbewahrt; im Zentralen Staatsanwaltschaftlichen Verfahrensregister (ZVS) sind entsprechende Einstellungen zwei Jahre gespeichert. Diese Rechtslage kann nach Eisenreichs Worten die Strafverfolgung von Sexualdelikten erschweren. Strafverfolgungsbehörden erhielten teils erst spät und zu unterschiedlichen Zeitpunkten Kenntnis von den Vorwürfen. "Deshalb benötigen die Ermittlerinnen und Ermittler auch Zugriff auf ältere Ermittlungsakten", sagte Eisenreich der Zeitung.
Erfahrungen aus den Kirchenakten
Unterstützung erhält Eisenreich von den Juristen der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW), die für die Bistümer Aachen, Köln und München jeweils Gutachten zum Umgang mit sexualisierter Gewalt erstellt hat. "Die Aufarbeitung der Kirchenakten, so sie nicht vernichtet waren, hat immer wieder Hinweise auf lange zurückliegendes Täterverhalten ergeben", sagte Rechtsanwalt Ulrich Wastl der Zeitung. Die Zusammenführung dieser Indizien habe nicht selten ermöglicht, die Glaubwürdigkeit von Beschuldigungen zu untermauern.
Auch der Kölner Staatsrechtler Stephan Rixen, Mitglied der Unabhängigen Aufarbeitungskommission auf Bundesebene, begrüßte den Vorschlag des bayerischen Justizministers: "Betroffenen wird leider oft nicht geglaubt. Dazu trägt auch eine verbreitete Methode der Glaubhaftigkeitsbegutachtung bei, bei der die Aussagen vieler Betroffener keine Chance haben. Umso mehr können da Akten helfen, die in der Zusammenschau klar machen: Betroffene sagen die Wahrheit." Ein verbesserter Zugang zu den Akten der Strafjustiz, so Rixen weiter, könne zudem die Arbeit in Aufarbeitungskommissionen erleichtern. Akteneinsicht ermögliche oft Antworten auf die Fragen, "wieso Verfahren eingestellt wurden und ob das im Rückblick noch plausibel ist".