Die historischen Staatsleistungen an die Kirchen von rund 600 Millionen Euro jährlich bleiben vorerst unangetastet. Der religionspolitische Sprecher der SPD, Lars Castellucci, sagte am Montag im Deutschlandfunk: "Im Moment ist das Thema Staatsleistungen tot." Die Bundesländer hätten die von der Ampel-Regierung vorbereitete Ablösung einstimmig abgelehnt. "Wir sind da tatsächlich gegen eine Wand gerannt." In dem von Union und SPD vorgelegten Koalitionsvertrags sind weder die Staatsleistungen an die Kirchen noch die Prüfung einer möglichen Ablösung erwähnt.
"Jetzt noch einmal auf die Bundesländer zuzukommen, halte ich für vergeblich in den nächsten Jahren", sagte Castellucci. Er halte es aber für sinnvoll, das Thema wachzuhalten. Bis 2060 müssten rund 40.000 Kirchengebäude der katholischen und evangelischen Kirche infolge des Mitgliederschwunds veräußert werden. Der SPD-Politiker sieht darin einen "Verlust für das Gemeinwohl". Da stelle sich die Frage, ob in der Folge Fahrradstationen oder Airbnb-Ferienunterkünfte entstünden oder Gemeinschaftsorte erhalten blieben. Es könne ja eine Möglichkeit sein, dass der Staat als Form der Ablösung der Staatsleistungen einen Teil der Gebäude übernehme und die Kirche damit bereits entlaste, schlug Castellucci vor.
Staatsleistungen seit rund 200 Jahren
Viele katholische Bistümer und evangelische Landeskirchen erhalten regelmäßig Geld von Bundesländern. Die meisten dieser sogenannten Staatsleistungen gehen zurück auf das Jahr 1803. Damals wurden zahlreiche Kirchengüter enteignet und verstaatlicht. Staatsleistungen sind vergleichbar mit Pacht- und Mietzahlungen.
Die Weimarer Reichsverfassung von 1919 bestimmte, dass die Staatsleistungen durch Landesgesetze "abgelöst werden" sollen. Die Grundsätze hierfür muss die Bundesebene festlegen. Das Grundgesetz übernahm 1949 in Artikel 140 diese Verpflichtung. Für die beiden großen Kirchen zusammen machen diese Staatsleistungen jährlich etwa 600 Millionen Euro aus.
Mehr Fokus auf Muslime
Auch die Muslime in Deutschland verdienen aus Sicht des religionspolitischen Sprechers der SPD, Lars Castellucci, mehr positive Aufmerksamkeit. "Es ist genau die leidige öffentliche Diskussion, die wir haben, dass Muslime unter Pauschalverdacht gestellt werden und sie sich in diesem Land nur mäßig wohl fühlen", beklagte Castellucci. Dem müsse entgegengewirkt werden und es sei falsch, dass Muslime im Koalitionsvertrag nicht genannt würden, sondern nur der Islamismus.
"Das Thema der Muslimfeindlichkeit ist eines in Deutschland", so Castellucci. Das sei als Folge der Anschläge durchaus nachvollziehbar. Aber es dürften dadurch nicht andere terroristische oder extremistische Gruppen im Land übersehen werden. Und es dürfe nie sein, dass ganze Gruppen pauschal für die Taten Einzelner verantwortlich gemacht würden.
Religionsfreiheit für alle
In der Präambel des Koalitionsvertrags von Union und SPD stehe der Respekt vor allen Religionsgemeinschaften. Der Union wirft Castellucci aber vor, vorrangig die Christen bei der Religionsfreiheit zu sehen. "Das ist sehr verkürzt, Religionsfreiheit betrifft alle", so Castellucci. Auch diejenigen, die von Religion frei seien wollten.