Der Vatikan und China haben ihr Abkommen verlängert

Station auf dem langen Weg einer katholischen Seidenstraße

Der Vatikan will weiter versuchen, die Lage der Kirche in China zu verbessern. Mit Hilfe eines Abkommens, das er am Donnerstag mit Peking um zwei Jahre verlängerte. Ein sehr langer Weg - und nicht ohne Schwierigkeiten.

Autor/in:
Roland Juchem
Gottesdienst in Peking / © Gilles Sabrie (KNA)
Gottesdienst in Peking / © Gilles Sabrie ( KNA )

Es war keine Überraschung mehr. Schon gar keine wie Ende September 2018, als der Vatikan und Peking bekanntgaben, sie hätten ein Abkommen zur Ernennung von Bischöfen geschlossen - vorerst auf zwei Jahre begrenzt. Das wurde nun um zwei weitere Jahre verlängert. Keine neue Unterschrift, nur eine Verbalnote wurde ausgetauscht, wie der zweite Mann des Vatikan, Kardinalstaatssekretär Pietro Parolin bereits am Mittwoch bestätigte.

"Gute Kommunikation und Zusammenarbeit"

Der Heilige Stuhl ist überzeugt - wie der Vatikan am Donnerstag verlauten ließ -, dass "die Anwendung des Abkommens - das von grundlegendem kirchlichen und pastoralen Wert ist - positiv verlaufen ist", und zwar "dank der guten Kommunikation und Zusammenarbeit". Man sei "entschlossen, den offenen und konstruktiven Dialog fortzusetzen, um das Leben der katholischen Kirche und das Wohl des chinesischen Volkes zu fördern".

Absichtserklärungen gab es schon seit Anfang September; nun ist die Verlängerung in Kraft. Ziel des Abkommens ist, die Ernennung von Bischöfen in China zu regeln und deren Einheit mit dem Papst sicherstellen. Für die katholische Kirche ist dies ein Anliegen von vitaler Bedeutung.

Katholische Kirche in China

Nach Schätzungen von Experten sind rund 10 Millionen der knapp 1,4 Milliarden Einwohnern der Volksrepublik China Katholiken; die Behörden verzeichnen jedoch lediglich 6 Millionen. Das US-Forschungsinstitut Pew geht von 9 Millionen aus. Als kleine Minderheit haben die Katholiken mit rund 100 Diözesen dennoch landesweit funktionierende Kirchenstrukturen.

Kruzifix in katholischer Kirche in China / © Katharina Ebel (KNA)
Kruzifix in katholischer Kirche in China / © Katharina Ebel ( KNA )

Kritik am Abkommen

Die Vereinbarung, deren Wortlaut geheim gehalten wird, stößt aber seit Beginn auf Kritik. Indem sie mit dem Regime in Peking ein Abkommen schlössen, schädigten Papst und Vatikan ihre moralische Autorität; solche Kritik kam von Hongkongs früherem Bischof Kardinal Jospeh Zen, von US-Außenminister Mike Pompeo und anderen. Zudem verrate und missachte der Vatikan die sogenannten Untergrundchristen und ihre jahrzehntelangen Leiden, so Zen. Deren Bischöfe und Priester fürchten weitere Verfolgung durch die chinesischen Behörden; diese könnten Schikanen nun gar mit dem Abkommen begründen.

Parolin und der päpstliche Außenbeauftragte Erzbischof Paul Gallagher hingegen verteidigen die Vereinbarung. Trotz Schwierigkeiten sei diese ein wichtiger Schritt eines langfristig angelegten Dialogs. Ein am Donnerstag zusätzlich veröffentlichter Artikel der Vatikanzeitung "Osservatore Romano" begründet die Entscheidung und verteidigt sie gegen "Missverständnisse". So seien dem Abkommen "Ziele zugeschrieben worden, die es nicht hat"; oder man habe es "mit politischen Fragen verknüpft, die nichts mit dem Abkommen selbst zu tun haben".

Seelsorgliches Thema

Diplomatische Beziehungen seien derzeit gar nicht im Blick, wiegelte Parolin Journalistenfragen ab. Mit anderen Worten: Hier geht es nur um ein seelsorgliches, innerkirchliches Thema, um nichts anderes. Was Regierung und Behörden in China nicht mögen, ist jegliche Art politischen oder sozialen Einflusses von Religionsgemeinschaften: Bildung, Gesundheit, Sozialarbeit - alles allein Sache des Staates.

Der Vatikan räumt ein, "dass es noch viele Situationen großen Leids gibt". Der Heilige Stuhl sei sich dessen "zutiefst bewusst" und versäume es nicht, "die Aufmerksamkeit der chinesischen Regierung darauf zu lenken, eine fruchtbarere Ausübung der Religionsfreiheit zu fördern", heißt es im "Osservatore".

In der Tat gab es in den vergangenen Jahren mehrfach Berichte über Festnahmen von Priestern und Bischöfen. Örtliche Behörden ließen Kirchen ein- oder Kreuze abreißen. Was besonders zu schaffen macht, ist das Verbot religiöser Angebote und Aktivitäten für Jugendliche unter 18 Jahren. So dürfen Kirchengemeinden keinerlei Jugendarbeit machen; Erstkommunion- oder Firmkatechesen sind verboten. Allerdings fällt die entsprechende Praxis lokaler Behörden unterschiedlich aus.

Nutzen des Abkommens für Peking

Den Nutzen des Abkommens für Peking benannte die chinesische Parteizeitung "Global Times" am Donnerstag ganz konkret: Es könne "dazu beitragen, Chinas internationales Image als offenes Land zu verbessern", zitiert sie Wang Meixiu, einen pensionierten Dozenten von der Chinesischen Akademie der Sozialwissenschaften.

Der Vatikan zählt zu den konkreten Ergebnissen des bisherigen Abkommens die Ernennung zweier neuer Bischöfe. Zudem stünden jetzt alle chinesischen Bischöfe in Einheit mit dem Papst. Aktuell liefen verschiedene Gespräche zur Ernennung weiterer Bischöfe. Statistisch keine große Erfolgsbilanz, aber ein Anfang "in der Hoffnung, im weiteren Verlauf andere gute Ziele zu erreichen".

Um ein Gefühl für die zeitlichen Perspektiven des Vatikan und seiner Diplomaten zu bekommen, mag man an die jahrelangen Asien-Reisen Marco Polos oder der China-Missionare im 16. und 17. Jahrhundert denken. Laut Parolin ist das Abkommen einerseits Ergebnis eines langjährigen Gesprächsprozesses. Es liege auf der Linie von Johannes Paul II. und Benedikt XVI.; dieser habe noch als Papst einen ersten Entwurf der Vereinbarung gutgeheißen. Andererseits stehe man mit der Verlängerung am Beginn eines weiteren langen Weges - der "nicht ohne Schwierigkeiten" sei.

Quelle:
KNA
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