Sterbehilfe-Verein will in Deutschland wieder tätig werden

Umwege über die Schweiz

Der Verein Sterbehilfe Deutschland will seine Mitglieder in der Bundesrepublik beim umstrittenen Suizid wieder unterstützen. Die katholische Kirche lehnt dagegen jede Form der aktiven Sterbehilfe und Beihilfe zum assistierten Suizid ab.

Autor/in:
Jan Dirk Herbermann
Bischöfe sind gegen Sterbehilfe / © Jörg Loeffke (KNA)
Bischöfe sind gegen Sterbehilfe / © Jörg Loeffke ( KNA )

Aus Respekt vor älteren und kranken Mitgliedern habe die Organisation ihre Statuten geändert, erklärte der Vorsitzende des Vereins mit Sitz in Hamburg, Roger Kusch, am Montag dem Evangelischen Pressedienst (epd). Der Verein wolle nicht länger auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über Freitodhilfe warten.

Seit Dezember 2015 hatte der Verein in Deutschland nicht mehr bei Suiziden assistiert. Der frühere Hamburger Justizsenator Roger Kusch erklärte, in Zukunft könnten sterbewillige deutsche Mitglieder mit einem Angehörigen in die Geschäftsstelle des Vereins nach Zürich reisen. Dort werde ein Gespräch mit Beauftragten des Vereins geführt.

Begutachtung per Video

Der Verein zeichne diese Gespräche per Video auf und vermittle einen Mediziner zur Begutachtung. Der Mediziner müsse feststellen, dass es sich um einen stabilen Sterbewunsch handele, sagte Kusch. Zudem müsse der Sterbewillige voll zurechnungsfähig sein und an einer unheilbaren Krankheit leiden.

Falls diese Bedingungen zutreffen, werde der Mediziner dem Suizid-Wunsch zustimmen. Daraufhin muss der Angehörige Kuschs Angaben nach ein zweites Mail in die Schweiz kommen, um die tödlichen Mittel in Empfang zu nehmen. Zudem erhalte der Angehörige einen konkreten Handlungsablauf für den Suizid. In Deutschland könne er dann dem Sterbewilligen beim Suizid assistieren.

Gegen die Grundsätze der katholischen Kirche

Die katholische Kirche lehnt jede Form der aktiven Sterbehilfe und Beihilfe zum assistierten Suizid ab und plädiert statttdessen für eine Stärkung der Hospizarbeit und der palliativen Versorgung. "Der Begriff Sterbehilfe suggeriert, dass eine Hilfe gegeben werden kann, die dem Leben dient  - aber das ist ja nicht der Fall", sagte Kardinal Woelki auf der Website sterbeninwuerde.de des Erzbistums Köln. "Sterbehilfe dient ja nur dazu, dass der Tod kommt." Sterben sei jedoch ein Teil des Lebens. "Und so wie das Leben eine Aufgabe ist, ist auch das Sterben eine Lebensaufgabe." Diese letzte große Aufgabe gelte es, verantwortlich zu gestalten. Nicht Sterbehilfe sei das "Zauberwort", sondern die intensive Sterbebegleitung. "Wir müssen Menschen bei ihrem Sterben ernst nehmen und ihnen beistehen. Der Mensch bedarf der intensivsten pflegerischen, medizinischen, sozialen und seelsorgerischen Begleitung."

Mit einer Plakataktion im Kölner Raum wollte das Erzbistum Köln im vergangenen Jahr dazu ermuntern, sich mit verschiedenen Aspekten des Sterbens auseinander zu setzen. Anhand von Beispielen werden zudem auf der Website sterbeninwuerde.de Unterstützungsmöglichkeiten für Menschen am Ende ihres Lebens und für deren Angehörige vorgestellt. In die Seite integriert ist ein interaktives Forum, in dem man sich mit anderen zum Thema "Sterben, wovor habe ich Angst?" austauschen kann.

Bis zu drei Jahre Haft bei Förderung der Selbsttötung

Im Dezember 2015 war ein Paragraf des deutschen Strafgesetzbuches in Kraft getreten, nach dem eine geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung mit bis zu drei Jahren Haft geahndet werden kann. Mitglieder des Vereins Sterbehilfe hatten dagegen Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe erhoben. Laut Kusch unternahm das Verfassungsgericht bislang nichts Wesentliches zur Verfahrensförderung. Es sei nicht einmal klar, ob in diesem Jahr mit einer Entscheidung zu rechnen sei.

Aktive Sterbehilfe, bei der ein Arzt einem Sterbewilligen ein tödliches Medikament injiziert, war bereits vorher in Deutschland strafbar. Die passive Sterbehilfe, das sogenannte Sterbenlassen etwa durch Abschalten lebenserhaltender Maschinen, ist dagegen erlaubt. In der Schweiz ist die Freitodbegleitung grundsätzlich erlaubt. Organisationen wie Dignitas in Zürich bieten ihre Dienste auch Nichtschweizern an. In den vergangenen Jahren kamen etliche Menschen aus dem Ausland in die Schweiz, um mit Hilfe der Freitodbegleiter zu sterben.


Quelle:
epd