An Fehler früherer Bischöfe im Umgang mit Missbrauch erinnert künftig eine Hinweistafel im Paderborner Dom. Diese soll in der Krypta auf Verfehlungen der dort bestatteten ehemaligen Erzbischöfe Lorenz Jäger und Johannes Joachim Degenhardt aufmerksam machen.
Das beschlossen das Domkapitel und der Vorstand des Betroffenenrates Ende vergangener Woche, bestätigte eine Sprecherin der Erzdiözese am Donnerstag der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) entsprechende Medienberichte.
Die Vereinbarung sehe folgenden Text vor: "Die hier beigesetzten Erzbischöfe haben während ihrer Amtszeit aus heutiger Sicht schwere Fehler im Umgang mit sexuellem Missbrauch begangen. Allzu oft haben sie Schutz und Ansehen der Institution und der Täter über das Leid der Betroffenen gestellt. In Kürze werden Sie über einen QR-Code hier in der Grablege weitere Informationen erhalten." Das Domkapitel habe den Text formuliert und der Betroffenenvertretung vorgeschlagen, die der Formulierung zugestimmt habe.
Beschuldigte geschützt und ihnen Mitgefühl bekundet
Im Dezember 2021 hatten zwei Kirchenhistorikerinnen der Universität Paderborn erste Zwischenergebnisse einer Aufarbeitungsstudie zu sexuellem Missbrauch im Erzbistum vorgelegt. Sie attestieren darin Jaeger (Amtszeit 1941-1973) und Degenhardt (1974-2002) gravierendes Fehlverhalten im Umgang mit Missbrauchstätern unter den Geistlichen.
Die Kardinäle hätten Beschuldigte geschützt und ihnen teils auch schriftlich ihr Mitgefühl bekundet. Betroffenen gegenüber hätten sie dagegen keine Fürsorge gezeigt.
Die Tafel soll ab Sonntag, 16. Juli, zu sehen sein. Dann werden nach dreijähriger Planungs- und Bauzeit die neugestaltete Krypta wiedereröffnet und ein neuer Altar geweiht. In der "Herzkammer des Erzbistums Paderborn" ruhen die Reliquien des Bistumspatrons Liborius.
Infos zu Versäumnissen und Lebensleistung
Der QR-Code soll zu einer noch zu erarbeitenden Internetseite mit weiteren Informationen führen. Diese Internetseite soll neben den Versäumnissen der beiden früheren Erzbischöfe aber auch Informationen zu deren Lebensleistung abbilden.
Seit 2020 arbeiten die Kirchenhistorikerinnen Nicole Priesching und Christine Hartig im Auftrag des Erzbistums an der Missbrauchsstudie.
Sie wurde im Frühling 2023 auf die Amtszeit des ehemaligen Erzbischofs Hans-Josef Becker (2003-2022) ausgeweitet. Die Wissenschaftlerinnen arbeiteten unabhängig vom Erzbistum, hieß es.
Die Vereinbarung zur Hinweistafel sei Zeichen eines guten Dialoges, so das Erzbistum. Die Umsetzung in einer Kombination mit weiterführenden, differenzierten Informationen sei eine angemessene Form der Auseinandersetzung mit dem Fehlverhalten. Der Betroffenenbeirat und das Erzbistum blieben auch im Gespräch über ein Denkmal für Missbrauchsbetroffene. Der Standort dafür sei noch offen und ein künstlerischer Wettbewerb angedacht. Die Entscheidung über ein solches Denkmal werde aber der künftige Erzbischof treffen.
Nach dem Rücktritt von Becker ist der Bischofsstuhl in Paderborn noch unbesetzt. Derzeit leitet Michael Bredeck als Diözesanadministrator die Erzdiözese übergangsweise.