Theologe kritisiert Franziskus' Umgang mit Frauenfrage

"Stinkt zum Himmel"

Auch nach Abschluss der Weltsynode können Frauen in der katholischen Kirche keine Weiheämter bekleiden. Das sorgt bei Wunibald Müller für Unmut. Für ihn hat die Kirche eine Chance auf echte Gleichberechtigung verpasst.

Dr. Wunibald Müller (KNA)
Dr. Wunibald Müller / ( KNA )

Der katholische Theologe und Psychotherapeut Wunibald Müller hat Papst Franziskus scharf dafür kritisiert, Frauen auch nach Abschluss der Weltsynode nicht zu Weiheämtern zuzulassen und das Thema ausgelagert zu haben. Diese Entscheidung sei "ein Schlag ins Gesicht für alle Frauen in der Kirche, aber auch für alle, denen die katholische Kirche noch etwas bedeutet", sagte Müller der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) am Freitag. "Das ist und bleibt ein Skandal, der zum Himmel stinkt."

Kirchenvertretern warf er mangelnde Empathie und Lieblosigkeit vor: "Das Leid, die Ungerechtigkeit, die Frauen in der Kirche durch die Kirche erfahren, berührt auch hier wieder nicht das Herz vieler Verantwortlicher in der Kirche." Dabei sollte es ihnen eigentlich "das Herz zerreißen". Er wolle Papst Franziskus keine bösen Absichten unterstellen. "Doch er muss sich vorhalten lassen, dass er mit seinem Verhalten die große Schuld, die die Kirche damit auf sich geladen hat und weiterhin auf sich lädt, mitzuverantworten hat." Wissen und Begabungen vieler Frauen würden der Kirche so vorenthalten, die Frauen selbst daran gehindert, sich zu verwirklichen.

Neues Lehrschreiben sei nicht glaubwürdig

Vor diesem Hintergrund wirke die gerade veröffentlichte Papst-Enzyklika "Dilexit nos" unglaubwürdig, sagte Müller. Sie entwerfe zwar das Bild eines wünschenswerten Verhaltens der Menschen untereinander. "Aber die vielen Worte über die Liebe und Barmherzigkeit, die darin vorkommen, wirken wie rhetorische Nebelkerzen." Papst Franziskus habe die Chance verpasst, in der Kirche den entscheidenden Schritt hin zur Gleichberechtigung zu gehen. So würden Frauen weiterhin wie Menschen zweiter Klasse behandelt. 

Papst Franziskus beim Abschluss der Weltsynode  / © Vatican Media/Romano Siciliani/ (KNA)
Papst Franziskus beim Abschluss der Weltsynode / © Vatican Media/Romano Siciliani/ ( KNA )

"Dilexit nos" ("Er hat uns geliebt") ist die vierte Enzyklika von Papst Franziskus. Enzykliken sind päpstliche Lehrschreiben mit einem hohen Maß an Verbindlichkeit. Sie werden in der katholischen Kirche als Ausdruck der obersten Lehrgewalt des Papstes verstanden, sind aber keine unfehlbaren Lehrentscheidungen im dogmatischen Sinn.

Auf der Weltsynode, die im Oktober zu Ende ging, hatten katholische Kleriker zusammen mit Nichtgeweihten seit 2021 über Reformen in der Kirche beraten. Obwohl Papst Franziskus die Diskussion über Weiheämter für Frauen in der Kirche an eine Studiengruppe ausgelagert hatte, tauchte das Thema immer wieder auf. Das Schlussdokument hielt fest, dass offen bleibe, ob Frauen zum Diakonat zugelassen werden. Die Frage, ob Frauen zum Priesteramt zugelassen werden können, ist nach Ansicht vieler Kirchenrechtler endgültig mit "Nein" beantwortet, auch darüber wird aber weiter diskutiert.

Der Pychotherapeut Wunibald Müller war von 1991 bis 2016 Leiter des Recollectio-Hauses der Abtei Münsterschwarzach. Dort sollen sich Priester, Ordensleute und Mitarbeitende in der Seelsorge körperlich, psychisch und geistlich-spirituell sammeln können, um sich für die pastorale Aufgabe zu stärken.

Weltsynode 2021-2024

Mit der Weltsynode hat Papst Franziskus in der katholischen Kirche etwas Neues geschaffen. Erstmals werden bei einer Synode Nicht-Bischöfe und Nicht-Priester im großen Umfang ein Stimmrecht haben, darunter auch Frauen.

Inhaltlich soll es vor allem um neue Wege der Mitwirkung der kirchlichen Basis bei wichtigen Entscheidungen in der katholischen Kirche gehen. Obwohl erstmals auch nicht geweihte Männer und Frauen ein Stimmrecht haben, handelt es sich kirchenrechtlich um eine Bischofssynode.

Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Eröffnung der Weltsynode im Oktober 2021 / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA