Theologin stellt sich Fragen über Gott und die Welt

Kirche, Krieg und Klimawandel

Schließen sich Glaube und Naturwissenschaften aus? Was tut Gott gegen Ungerechtigkeit in der Welt? Eine Theologin stellt sich diesen unbequemen Themen. Und ermutigt junge Menschen zum kritischen Hinterfragen.

Autor/in:
Judith Kubitscheck
Teilnehmer des globalen Klimastreiks von Fridays for Future / © Marcus Brandt (dpa)
Teilnehmer des globalen Klimastreiks von Fridays for Future / © Marcus Brandt ( dpa )

"Mir war schon immer klar: Wenn an der Sache mit Gott etwas dran sein soll, dann muss er jeder Frage standhalten!", schreibt die Kölner Theologin Julia Garschagen in ihrem neuen Buch "True Story? Good Question!", das im SCM-Verlag (Holzgerlingen) erschienen ist. In ihm stellt sie sich gemeinsam mit der jungen Co-Autorin Alicia Fuchs die "10 größten Fragen über Gott & die Welt" und will Jugendliche ermutigen, über diese nachzudenken.

Jugendliche animieren

In ihrer ersten Frage beschäftigt sich die Leiterin des Pontes Instituts für Wissenschaft, Kultur und Glaube in Deutschland mit der Entstehung der Welt: "Man kann sagen, der Urknall war die Ursache für den Anfang von allem, aber was war dann die Ursache für den Urknall? An irgendeinem Punkt braucht es einen Anfang."

Sie vergleicht die Entstehung des Universums mit der Entstehung eines Handys: Es sei sehr unwahrscheinlich, dass etwas so Komplexes durch Zufall entsteht. Eigentlich sei es sogar fast unmöglich, dass jede dieser Naturkonstanten wie beispielsweise die Schwerkraft genau richtig eingestellt ist. Deshalb ist für Garschagen, die auch das christliche digitale Jugendevent "truestory" leitet, die beste Erklärung, dass hinter all dem ein "logisches Mastermind" steht, jemand außerhalb des Systems, "der es hat knallen lassen".

Theodizeefrage 

Warum gibt es Krankheiten wie Krebs und Kriege auf der Welt? Auf diese Frage und darauf, warum Gott Leid zulässt, habe sie bisherkeine vollständige Antwort gefunden, gibt Garschagen zu. "Wenn man davon ausgeht, dass Gott gut und allmächtig ist, dann passt das nicht mit dem Leid zusammen." Für sie sei trotz der unbeantworteten Frage tröstlich zu wissen, dass Jesus selbst am Kreuz "Warum?" geschrien habe und deshalb den Schmerz der Menschen verstehe. Dass er ihn selbst erlebt hat, sei quasi seine Art zu sagen: "Ich bin bereit, mit dir da durchzugehen. Dein Leid ist mir nicht egal."

"Ist Gott so schrecklich wie die Kirche?"

Bevor sie Christin geworden sei, sei auf ihrer "Gott-Entdeckungsreise" und ihren Anfragen an den christlichen Glauben eines ihrer größten Probleme nicht Jesus selbst gewesen, "sondern der Verein, der sich auf ihn beruft: die Kirche." Sie kenne viele Menschen, die von Kirchenleuten enttäuscht oder verletzt wurden, "und am schlimmsten: Kinder wurden von Amtsträgern missbraucht, und Autoritäten nutzen ihre Macht, um das zu verschleiern." Deshalb fragt sie provokant: "Ist Gott so schrecklich wie die Kirche?"

Missbrauch und Macht

Nachdem sie klar das Verbrechen des Missbrauchs von Kindern verurteilt und Hilfsangebote für Betroffene nennt, widmet sie sich allgemein dem Thema Macht in der Kirche. Menschliche Macht sei immer nur von Gott geliehene Macht. "Sobald Menschen sie gegen das Gute einsetzen, tun sie das nicht mehr im Namen Gottes. Auch wenn sie das behaupten."

Jesus zeige einen ganz anderen Weg, wie seine Leute mit Macht umgehen sollen: Sie sollen sie gebrauchen für andere und für das Schaffen von gerechten Verhältnissen. "Jesus gibt also eine super Grundlage, um Machtverhältnisse – auch und vor allem in der Kirche – zu hinterfragen und zu kritisieren und umzudrehen."

Sorge ums Klima

Bei der Frage "Wie steht Gott zum Klimawandel?" geht Garschagen darauf ein, dass die Sorge um das Klima von Anfang an Teil der Bibel sei. Gott habe die Erde erschaffen und dann den Menschen den Auftrag gegeben, sie zu bebauen, zu pflegen und zu bewahren. "Wir Menschen sind quasi Wächterinnen und Wächter von Gottes großem Kunstwerk. Wir sollen die Schönheit bewahren. Die Artenvielfalt des Amazonas und das Eis der Arktis".

Doch mit dieser Verantwortung und dem Umgang mit dem Klimawandel lasse Gott die Menschen nicht alleine. Wenn Menschen denken, es brauche fast übermenschliche Anstrengung, um rechtzeitig noch was zu verändern, sage Gott: "Yes, stimmt. Aber ich bin am Start! Mir liegt die Erde noch mehr am Herzen als dir. Ich hab sie gemacht."

Skepsis ist gut 

Am Ende des Buchs ermutigt die Theologin ihre jugendlichen Leser, weiter Fragen zu stellen. "Zweifel sind gut: Geh deinen Zweifeln nach und prüfe sie, damit du dich nicht verbiegst." Und sie lädt zu einem "Skeptiker-Gebet" ein, das man einfach ausprobieren könne, auch wenn man nicht an Gott glaube. Es lautet "Jesus, wenn es Dich gibt, dann zeig Dich mir." Aber, so warnt die Autorin: "Das Gebet könnte dein Leben verändern".

Quelle:
epd