Momente tiefer Betroffenheit, die jedoch schnell von anderen Emotionen überlagert werden können - so erleben vieleMenschen mit geistiger Behinderung laut einem Experten eine Trauerphase.
Dass sie "eher in einer Trauerpfütze springen als in einem Trauersee zu versinken", sei jedoch kein Grund, ihnen diese Gefühle abzusprechen, mahnte Jochen Straub in einem am Donnerstag veröffentlichten Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA). Der Referent für inklusive Seelsorge im Bistum Limburg hat vor kurzem das inklusive Trauerbuch "Ich bin traurig, du bist da" veröffentlicht.
Er habe immer wieder erlebt, dass Menschen mit geistiger Behinderung die Fähigkeit zu Trauer abgesprochen werde. Mitunter höre er Aussprüche wie: "Tod und Trauer ist kein Thema für sie", so der Autor. "Das ist eine Art der Entmündigung. Wenn die Trauer oder Angst nicht bearbeitet wird, kann es später schwerwiegende Folgen haben."
Bleibt der Rollstuhl nach dem Tod?
Wer einer Person mit geistiger Behinderung in einer Krisenzeit beistehen möchte, solle authentisch sein, eine einfache Sprache nutzen und sich Zeit nehmen, so der Rat des Experten. "Wenn wir selbst keine genaue Antwort kennen, verlieren wir uns in Worthülsen."
Jeder Mensch habe ein Recht, traurig, wütend oder ängstlich zu sein - und Trauer sei stets individuell. "Jeder Mensch trauert anders und das ist absolut in Ordnung. Manche gehen eher rational mit einem Verlust um, mache eher emotional."
Zudem hätten Menschen mit Behinderungen ebenso unterschiedliche Vorstellungen vom Tod wie andere auch, erklärte Straub: "Mir haben schon Menschen im Rollstuhl gesagt: 'Wenn ich tot bin, dann nimmt Gott mir den Rollstuhl weg und dann kann ich laufen.' Ein anderer hat genau das Gegenteil erzählt: 'Wenn ich tot bin, dann behalte ich meinen Rollstuhl, denn ich bleibe, wie ich bin.'"
Ebenso könne eine bildhafte Sprache alle Beteiligten berühren. So habe ihm einmal ein Mann gesagt: "Beten ist wie eine lange Leitung, von mir bis zum Himmel."