Umsetzung von Synodalität braucht eine gute Strategie

Ideen für nationales Gremium und Reformen

Am Wochenende ging in Wiesbaden-Naurod die dritte Sitzung des Synodalen Ausschusses zu Ende. Die Debatten und erste konkretere Ideen für ein nationales synodales Gremium zeigten die neuralgischen Punkte auf dem Weg dahin.

Autor/in:
Karin Wollschläger
Synodaler Ausschuss / © Bert Bostelmann (KNA)
Synodaler Ausschuss / © Bert Bostelmann ( KNA )

Auch vor der aktuellen Sitzung des Synodalen Ausschusses hatten manche geraunt, dieses Mal werde es "knallen". Wer den seit 2019 laufenden Reformdialog zur Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland länger verfolgt, weiß: Die Gruppendynamik bei den Treffen ist unberechenbar, aber am Ende rauft man sich doch immer wieder irgendwie zusammen. Denn im Grundsatz ist sich die große Mehrheit einig: Es braucht Wandel. Auch den Wunsch nach mehr Mitsprache tragen die meisten mit; bei mehr Mitbestimmung wird es dann im Detail schwierig.

Nach der anderthalbtägigen intensiven Sitzung in Wiesbaden-Naurod bilanzierte die Präsidentin des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK), Irme Stetter-Karp: "Wir sind jetzt in einer entscheidenden Phase angekommen, weil es jetzt darum geht, ein Bild davon zu entwerfen, wie sich in Zukunft die Kirche in Deutschland auf überdiözesaner Ebene aufstellen will, wie sie eine kräftige Stimme sein kann und welche Inhalte sie deswegen in einer guten synodalen Weise miteinander beraten und entscheiden muss."

Die Kommissionen im Synodalen Ausschuss

Der Synodale Ausschuss soll die beim Synodalen Weg begonnene Diskussion über die Zukunft der katholischen Kirche in Deutschland fortführen. Das Gremium hat dazu drei Kommissionen aus jeweils zehn Mitgliedern bestimmt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) gibt vor der dritten Sitzung des Synodalen Ausschusses Mitte Dezember in Wiesbaden-Naurod einen Überblick:

Kommission I - "Synodalität als Strukturprinzip der Kirche und Ordnungen des Synodalen Rats"

Logo Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht (KNA)
Logo Synodaler Weg / © Julia Steinbrecht ( KNA )

Ideen für nationales synodales Gremium

In der Tat endete das Treffen im Taunus mit konkreten Überlegungen für ein künftiges Beratungsgremium von Bischöfen und Laien. Die rund 60 anwesenden Synodalen trugen Ideen für mögliche Kompetenzen, Zusammensetzung und Modi der Beschlussfassung zusammen. In den kommenden Monaten soll auf dieser Basis ein Satzungsentwurf für ein sogenanntes nationales synodales Gremium erarbeitet werden. Auf Wunsch des Vatikans soll es nicht mehr, wie ursprünglich geplant, Synodaler Rat heißen.

Der Hildesheimer Bischof Heiner Wilmer brachte drei strategische Punkte in die Debatte ein, die zugleich die zentralen neuralgische Punkte des Reformprojekts berühren: Repräsentation, Kommunikation und Nachhaltigkeit. Sie weiter zu durchdenken, könnte entscheidend für den Erfolg des ganzen Synodalprojekts sein.

Repräsentanz und Repräsentation

Wilmer verwies darauf, dass allein in Naurod ein Drittel der Ortsbischöfe fehlte - vier aus Protest, fünf aufgrund anderweitiger Verpflichtungen - und von den anderen Bistümern teils allein der Bischof anwesend war: "Unsere Gruppe hier ist schon ein starker Thinktank, allerdings weniger eine politische Vertretung aus den Bistümern. Zur Bildung des Synodalen Ausschusses mag das reichen. Aber für die Umsetzung der Beschlüsse und für eine zukünftige Synodalität in Deutschland ist dies deutlich zu wenig." Jeder Bischof brauche mindestens einen Vertreter, eine Vertreterin, die innerhalb des Bistums in den Gremien eine prominente Stellung innehat.

Selbstkritisch fragten sich die Synodalen zudem, wie sie etwa Nicht-Akademiker, junge Menschen und Minderheiten einbinden und erreichen könnten. "Wo sind denn die Marginalisierten in unseren bürgerlichen Gemeinden und Gremien", fragte Bischof Felix Genn. Die Geistliche Bundesleiterin der Katholischen jungen Gemeinde (KjG), Lisa Holzer, konstatierte: "Für die allermeisten jungen Menschen hat die Weltsynode keinerlei Relevanz." Ein ähnliches Schicksal teilen viele Papiere des deutschen Reformdialogs. Nicht nur Jüngeren, sondern auch vielen an der Basis fehlt inzwischen der Bezug, wie Teilnehmer bestätigten. Stetter-Karp räumte ein, dass die Vermittlung eine Daueraufgabe bleibe und keine leichte sei.


Kritiker des Gremiums

Vermittelt werden muss das Ganze auch weiterhin in Richtung der konservativen Kritiker. Sie wieder ins Boot eines künftigen nationalen synodalen Gremiums zu holen, namentlich die Bischöfe Gregor Maria Hanke (Eichstätt), Stefan Oster (Passau), Rudolf Voderholzer (Regensburg) und Kardinal Rainer Maria Woelki (Köln) - ist gleichermaßen schwierig wie unumgänglich. Es bleibt eine offene Flanke, wenn die vier Genannten nicht dabei sind. Umgekehrt muss sich die Kritiker-Seite freilich fragen lassen, wohin denn eine Totalverweigerung führen soll, zumal wenn das Gremium den Segen Roms bekommt, was ja erklärtes Ziel ist.

An anderer Stelle kam die Frage nach Repräsentation über eine ganz andere Schiene aufs Tableau: Synodalpapiere, die beim Synodalen Weg aus Zeitgründen nur in Erster Lesung beraten wurden, können vom Synodalen Ausschuss final beschlossen werden. So sieht es die Satzung ausdrücklich vor. In der Debatte zeigte sich indes, dass es in diesem Punkt bei manchem durchaus noch Klärungsbedarf gibt.

Kommunikation

So fragte Bischof Helmut Dieser vor der Abstimmung über den Handlungstext zur Situation nicht-heterosexueller Kleriker: "Welche Autorität hat der Text? Wenn der Ausschuss ihn beschließt, hat er nicht die Autorität des Synodalen Wegs. Wenn wir uns zu diesem wichtigen Thema aber äußern wollen, müssen wir das mit ganzer Kraft tun." Der Präsident des Synodalen Ausschusses, Bischof Georg Bätzing, machte schließlich noch einmal deutlich: "Die Beschlussfassungen hier haben die gleiche, hohe Dignität wie die Beschlüsse des Synodalen Wegs."

Wilmers zweiter Punkt: "Wir brauchen eine stärkere strategische Kommunikation." In den vergangenen Jahren habe man die Resonanz in den benachbarten Ländern und in den ausländischen Medien unterschätzt. Er schlug vor, ausländische Vertreter als ständige Gäste einzuladen. Und deutlich mehr und gezielter das Gespräch zu suchen. "Hier wäre es gut, mit einem strategischen Konzept direkt auf die Medienvertreter aus dem Ausland zuzugehen." Damit das deutsche Synodalitäts-Projekt zum Erfolg wird, ist es aus Sicht Wilmers wesentlich, dass es auch außerhalb von Deutschland eine Zustimmung gibt und nicht nur Ängste und Sorgen vor einer Spaltung.

Nachhaltigkeit

Sein dritter strategischer Punkt schließlich: Nachhaltigkeit. Wilmer verwies auf die sich politisch verändernde Landschaft in Deutschland und schwindende kirchliche Ressourcen, personell wie finanziell. "Von daher wäre es gut, wenn wir diese möglichen veränderten Rahmenbedingungen von Anfang an in unsere Überlegungen einbeziehen, zumindest im Hinterkopf, um nicht völlig naiv in die Zukunft zu schlendern. Konkret wäre bei den weiteren Planungen zu beachten: Mit weniger Ressourcen auskommen, um mehr Synodalität zu wagen."

Bei der Ideensammlung für das künftige nationale synodale Gremium schlug dies durchaus schon zu Buche. So war man sich auch weitgehend einig, dass es in der eh schon weit verzweigten katholischen Gremien-Landschaft nicht noch ein weiteres Gremium "on top" brauche, sondern man zugleich schauen müsse, was wegfallen könnte. Bei Lichte betrachtet kommt dafür vermutlich am ehesten die Gemeinsame Konferenz von Deutscher Bischofskonferenz und ZdK infrage.

Aber mit dem "Streichen" ist es halt immer so eine Sache, wenn es konkret wird. Schaut man in die Bistümer, die jetzt nach und nach neue synodale Gremien auf Bistumsebene einführen: Nicht unbedingt fällt dafür ein anderes Gremium weg. Und zugleich muss man nüchtern feststellen, dass in den meisten parallelen Gremien plus-minus dieselben Menschen sitzen. Etwas mehr Nachhaltigkeit und Effizienz wäre sicher ein Gewinn. Etwas mehr Diversität sicher auch - womit sich wieder der Kreis schließt.

Quelle:
KNA