Bis zum 17. November wollen mehr als 25.000 Delegierte aus aller Welt über die Umsetzung des vor zwei Jahren vereinbarten Klima-Abkommens von Paris beraten. Ziel ist, die globale Durchschnittstemperatur auf deutlich unter 2 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter zu begrenzen. Deutschland ist "technischer Gastgeber", Fidschi leitet das Mammuttreffen. Es ist die größte Konferenz dieser Art, die bislang in Deutschland stattfand.
Der marokkanische Außenminister Salaheddine Mezouar betonte, es sei höchste Zeit, mehr dafür zu tun, um den Anstieg der durchschnittlichen Erdtemperatur zu begrenzen. Marokko war im vergangenen Jahr Gastgeber des Klimagipfels. Solidarisches Handeln sei der Schlüssel zum Erfolg - ebenso wie möglichst anspruchsvolle nationale klimapolitische Pläne, so Mezouar.
"Wir dürfen nicht versagen"
"Unser Welt ist in Not", sagte der Premierminister von Fidschi, Frank Bainimarama. 2016 sei ein Rekordjahr für die CO2-Emmission weltweit gewesen. "Wir dürfen nicht versagen", so Bainimarama mit Blick auf die anstehenden Verhandlungen. Das Klima-Abkommen von Paris dürfe nicht verwässert werden. Dazu seien auch Unternehmen, die Zivilgesellschaft und die Glaubensgemeinschaften gefordert. "Jetzt ist der Moment der Wahrheit gekommen."
Die Chefin des UN-Klimaschutzsekretariates UNFCCC, Patricia Espinosa, betonte, dass bereits jetzt Millionen von Menschen unter Extremwetterereignissen infolge des Klimawandels litten. Aber das sei möglicherweise nur ein Vorgeschmack auf künftige Entwicklungen. So werde 2017 aller Voraussicht als eines der drei wärmsten Jahre seit Beginn der Temperaturmessungen in die Annalen eingehen. "Wir haben nicht mehr den Luxus, weiter warten zu können."
Petteri Taalas, Generalsekretär der Weltorganisation für Meteorologie, fügte hinzu, dass inzwischen von einer Million Molekülen in der Atmosphäre 403 CO2-Moleküle seien. Dieser Wert sei die höchste seit mehr als drei Millionen Jahren nachweisbare Konzentration an Treibhausgasen in der Atmosphäre. Der Vorsitzende des Weltklimarates IPCC, Hoesung Lee, mahnte ebenfalls zu raschem Handeln.
50 Millionen für Anpassungsfonds
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) bekannte sich zu dem Ziel Deutschlands, seinen CO2-Ausstoß bis 2030 um 55 Prozent senken. Darauf habe man sich im Rahmen des nationalen klimapolitischen Plans festgelegt, betonte Hendricks am Montag zum Auftakt des Gipfels. Die nationalen Pläne gehören zum Kern des 2015 abgeschlossenen Klima-Abkommens von Paris.
Unlängst war bekannt geworden, dass Deutschland sein für 2020 gestecktes Ziel, den CO2-Ausstoß um 40 Prozent gegenüber 1990 zu senken, aller Voraussicht nach verfehlen wird. Als realistisch bezeichnete Hendricks eine Einsparung von bis zu 38 Prozent.
Zugleich kündigte die Ministerin an, dass die Bundesregierung weitere 50 Millionen Euro für den internationalen Anpassungsfonds zur Verfügung stellen will. Der Fonds wurde 2001 eingerichtet, um Projekte zur Anpassung an den Klimawandel in Entwicklungsländern zu finanzieren. Hendricks forderte Union, FDP und Grüne auf, in ihren Sondierungsgesprächen beim Klimaschutz mehr Engagement zu zeigen. Bislang seien die Verhandler mut- und kraftlos.
"Ethische und moralische Herausforderung"
Das Entwicklungsministerium gibt 50 Millionen Euro in den "Least Developed Countries Fund (LDCF)", der gezielt die ärmsten Länder bei der Klimaanpassung unterstützt. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) sagte, es sei eine "ethische und moralische Herausforderung, den Erhalt der Schöpfung sicherzustellen".
In den Industrienationen betrage der Ausstoß an CO2 pro Kopf und Jahr 9,5 Tonnen, in Äthiopien liege der Ausstoß unter einer Tonne. Diese Länder jedoch litten am meisten unter den bereits jetzt schon spürbaren Folgen des Klimawandels. Mit Blick auf die skeptische Haltung der FDP sagte Müller, Klimaschutz koste keine Arbeitsplätze, sondern schaffe neue Jobs.
Grünen-Kritik an Bundesregierung
Grünen-Fraktionschef Anton Hofreiter kritisierte, die Bundesrepublik habe ihre Führungsrolle beim Klimaschutz aufgegeben. Als Grund nannte er im Deutschlandfunk die Beschränkung des Ausbaus erneuerbarer Energien und das Festhalten an der Kohleverstromung. Dadurch seien auch Arbeitsplätze im Bereich der erneuerbaren Energien abgewandert.
Der Potsdamer Klimaforscher Ottmar Edenhofer warnte davor, die Klimaziele aufzugeben. Der "Neuen Osnabrücker Zeitung" sagte er: "Täten wir dies, nähmen wir eine Zunahme von Klimarisiken in Kauf, etwa Extremwetter, Ernteausfälle und einen Anstieg des Meeresspiegels." Als zentrale Ziele der Politik nannte der stellvertretende Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung (PIK): "Mindestpreis im europäischen Emissionshandel, raus aus der Kohle, rein in die Digitalisierung unseres Energiesystems mit smarten Netzen, smarten Häusern."
Gegen den "Braunkohleunsinn"
Der Klimaexperte Ernst Ulrich von Weizsäcker forderte einen schnellstmöglichen Ausstieg aus der Kohle. So zu tun, als hänge die deutsche Wirtschaft an der Fortsetzung des "Braunkohleunsinns", sei einfach falsch, sagte der Ko-Vorsitzende des "Club of Rome" im Deutschlandfunk.