Am 9. Oktober 2021 wurde ein Prozess gestartet, den einige Beobachter als den größten Mitbestimmungsprozess der Weltgeschichte bezeichnen. Die Weltsynode, oder Synode zur Synodalität, läuft anders ab als alle bisherigen Bischofssynoden im Vatikan. Erstmals dürfen Laien, auch Frauen, nicht nur beraten, sondern auch mitentscheiden. Deshalb sprechen einige vatikanische Dokumente nicht mehr von der "Bischofssynode", sondern von der "Synode der ganzen Kirche". Über drei Jahre hin wurden alle Katholiken in allen Gemeinden sämtlicher Länder und Kontinente aufgerufen, dem Heiligen Stuhl mitzuteilen, was sie sich von ihrer Kirche wünschen. Schnell rückte die Frage nach Weiheämtern für Frauen in den Fokus.
Bei den Organisatoren in Rom stieß dieser Wunsch auf keine große Gegenliebe. So betonte der Generalrelator der Synode, Kardinal Hollerich aus Luxemburg, bereits vor dem ersten Synodentreffen vor einem Jahr: Dies sei eine Synode über Synodalität, nicht über Frauen. Natürlich gebe der Heilige Geist den Weg vor, aber die Erwartung an die Synode müsse klar sein.
Thema bleibt virulent
Damit war das Thema aber nicht vom Tisch. Sowohl bei der ersten Sitzungsrunde vor einem Jahr und insbesondere auch bei den aktuellen Beratungen kommt das Thema Frauen immer wieder hoch. Und das, obwohl die Organisatoren Weiheämter für Frauen diesmal schon vorab aus der Synode ausgeklammert und in eine externe Arbeitsgruppe verlagert hatten. Gerade aber das Vorgehen um diese Arbeitsgruppe sorgt für Verärgerung bei den Delegierten, weniger aus inhaltlichen Gründen, sondern wegen des Verfahrens.
Die "Arbeitsgruppe fünf" kleidet sich nämlich in Mysterien. Im Gegensatz zu allen anderen Arbeitsgruppen (zum Beispiel zur Arbeit der Nuntiaturen, über die es auch Auseinandersetzungen gibt), sind die Mitglieder nicht öffentlich bekannt gegeben worden. Aus eigenem Antrieb haben die Delegierten Anfang des Monats eine Aussprache zu und mit dieser Arbeitsgruppe eingefordert. Dieses Gespräch fand in der vergangenen Woche statt, sorgte aber für noch mehr Unmut. Nach Angaben von Teilnehmenden wurden keine Namen veröffentlicht, und sowohl Präfekt als auch Sekretär des verantwortlichen Glaubensdikasteriums waren abwesend. Statt einer Aussprache wurden Zettel mit einer Email-Adresse verteilt, an die die Delegierten ihre Gedanken und Rückfragen senden sollten.
Ärger auf beiden Seiten
Sowohl bei liberalen als auch bei konservativen Synodalen war die Empörung groß. Von liberaler Seite, da das Thema Frauen in der Kirche vom Vatikan nicht ernst genommen werde, von konservativer Seite, da nun das Thema Frauenweihe große Schlagzeilen macht und nicht mehr ignoriert werden könne. Selbst in den italienischen Medien ist das Treffen und die Aufregung darüber groß aufgeschlagen, obwohl die Synode an sich dort eher kaum wahrgenommen wird.
Aber, so Synodenuntersekretärin Nathalie Becquart in der täglichen Synoden-Pressekonferenz am Montag: Auch der Vatikan ist gerade dabei, Synodalität zu lernen und ist bereit, Fehler einzugestehen. Der vom Treffen abwesende Glaubenspräfekt Fernandez hat sich für diesen Donnerstagnachmittag bereit erklärt, sich den Fragen der Synodalen zu stellen und auch die Namen der Mitglieder der Arbeitsgruppe bekannt zu geben.
Suche nach "kreativen Lösungen"
Die Chancen für ein positives Votum zum Thema Diakoninnenweihe wird das allerdings nicht erhöhen. Sowohl Papst Franziskus als auch Kardinal Fernandez haben diese Woche noch mal betont: Die Zeit sei dafür noch nicht reif. Stattdessen haben die Verantwortlichen vor und während der Synode mehrmals betont, dass es "kreative Lösungen" für Verantwortung für Frauen in der Kirche brauche.
Frauen befänden sich schon jetzt in wichtigen Positionen, zum Beispiel in der Caritas, den Vatikanischen Museen oder als Untersekretärinnen in mehreren Vatikanbehörden. Man möge nicht die Frage der Weihe mit der Frage nach Entscheidungsgewalt in Ämtern verwechseln. Wenn also eine Veränderung bei der Rolle der Frau in der Kirche aus der Synode erwächst, dann werden das eher kleine Schritte im Bezug auf Verantwortung in Gemeinden, Gremien oder Behörden sein.
Was von dieser Episode bleibt, ist ein fahler Nachgeschmack, was die Kommunikation des Vatikans betrifft. Hat man im Vorhinein groß betont, dass es bei der Synode eben nicht um die Knackpunkte wie Frauen oder Homosexualität geht, sondern um eine neue Art des Zuhörens, so hält sich der Heilige Stuhl in den letzten Wochen im eigenen Haus noch nicht an die Standards, die er sich von der katholischen Weltkirche wünscht.