Vatikan-Gesandte beginnen Missbrauchs-Untersuchung in Peru

Vorwürfe gegen Laien-Gemeinschaft

Im Andenstaat Peru beginnt eine neue Etappe der Aufklärung eines dunklen Missbrauchskapitels in der katholischen Kirche. Die Ergebnisse dürften Auswirkungen bis nach Rom haben.

Autor/in:
Tobias Käufer
Symbolbild Missbrauch, Schatten eines Kreuzes / © Taigi (shutterstock)
Symbolbild Missbrauch, Schatten eines Kreuzes / © Taigi ( shutterstock )

In Peru haben der maltesische Erzbischof Charles Scicluna und der spanische Geistliche Jordi Bertomeu mit einer neuen Untersuchung der Missbrauchsvorwürfe gegen die Laienbewegung "Sodalitium Christianae Vitae" begonnen. Wie die Zeitung "El Comercio" berichtet, sollen die beiden von Papst Franziskus entsandten kirchlichen Ermittler in dieser Woche erste Gespräche führen. Beide bringen reichlich einschlägige Erfahrung mit – unter anderem aus Chile – und sind Mitglieder der Vatikanbehörde für die Glaubenslehre.

Papst Franziskus vor der Plaza de Armas Kathedrale in Trujillo (Peru) bei seiner Ankunft im Papamobil / © Osservatore Romano / AP (dpa)
Papst Franziskus vor der Plaza de Armas Kathedrale in Trujillo (Peru) bei seiner Ankunft im Papamobil / © Osservatore Romano / AP ( dpa )

Peruanische Bischöfe befürworten Untersuchung

Die Peruanische Bischofskonferenz teilte mit, sie begrüße die Sondermission des Heiligen Stuhls. Es gehe darum, die Betroffenen im Fall "Sodalicio" anzuhören und einen Bericht vorzulegen. "Ich halte es für äußerst wichtig, dass diese Angelegenheit gründlich untersucht wird", betonte der Bischofskonferenz-Vorsitzende Erzbischof Miguel Cabrejos Vidarte. Er wird am Mittwoch in der Nuntiatur mit den Gesandten des Papstes zusammentreffen.

Großer Einfluss auf die Kirche 

Das "Sodalitium Christianae Vitae" (Gemeinschaft christlichen Lebens), in Lateinamerika kurz "Sodalicio" genannt, ist eine religiöse Laienbewegung, die 1971 in Lima gegründet wurde. Binnen weniger Jahre erlangte die Gruppe als Gegenbewegung zur politisch linkslastigen Theologie der Befreiung großen Einfluss in der katholischen Kirche. Papst Johannes Paul II. erkannte das "Sodalicio" 1997 offiziell an.

Im Vatikan stand die Bewegung seinerzeit hoch im Kurs: Denn sie füllte ihre Priesterseminare und Ordenshäuser mit jungen Leuten, während die Seminare der traditionellen Ordensgemeinschaften immer leerer wurden. Andeutungen, dass es dabei zu Misshandlungen gekommen sei, wurden von den örtlichen Kirchenoberen lange Zeit nicht verfolgt.

Komplizierter Aufklärungsprozess

Eine unabhängige Untersuchungskommission bestätigte jedoch später weitgehend belastende Zeugenaussagen, die Journalisten gesammelt hatten. Die Veröffentlichung im Jahr 2015 durch Pedro Salinas und Paola Ugaz sorgte international für Schlagzeilen. In ihrem Buch "Mitad monjes, mitad soldados" (Halb Mönche, halb Soldaten) berichteten Opfer über psychologischen und sexuellen Missbrauch aus den Jahren 1975 bis 2002. In der Folge begann ein komplizierter Aufklärungsprozess auf verschiedenen Ebenen.

Gründer der Bewegung selbst Täter

Nach bislang vorliegenden Erkenntnissen gilt als bestätigt, dass mindestens vier Führungspersönlichkeiten der Bewegung, darunter Gründer Luis Fernando Figari selbst, für sexuelle Übergriffe gegen Minderjährige und Erwachsene verantwortlich sind. Nach einer Intervention des Vatikans wurde es Figari Anfang 2017 untersagt, in irgendeiner Form Kontakte zu Mitgliedern des "Sodalicio" aufzunehmen. 2018 installierte Franziskus überdies eine kommissarische Leitung der Gemeinschaft.

Figari hält sich derweil laut Medienberichten seit Jahren in Rom auf, wo sich der mittlerweile 76-Jährige in einer abgeschiedenen Villa dem Zugriff der peruanischen Justiz entzieht. Missbrauchsbetroffene werfen dem Vatikan vor, ihn gezielt zu schützen. Die Ergebnisse der neuen Untersuchung dürften deshalb nicht zuletzt Auswirkungen auf das weitere Schicksal der einst populären Gründerfigur haben.

Die katholische Kirche in Peru

Peru ist für die katholische Kirche eine wichtige Bastion in Lateinamerika, von den 31 Millionen Einwohnern gelten 90 Prozent als katholisch. Die Kirche hat viele Entwicklungsprojekte und setzt sich für den Schutz der indigenen Minderheiten ein, die gerade im Amazonasgebiet durch den Raubbau an der Natur und die zunehmenden Flussverschmutzungen infolge des illegalen Goldabbaus in ihren Lebensgrundlagen bedroht werden.

Gläubiger in Peru mit Rosenkranz / © Geraldo Caso (dpa)
Gläubiger in Peru mit Rosenkranz / © Geraldo Caso ( dpa )
Quelle:
KNA