Vatikanexperte beschreibt Kleidung der Päpste

"Der Papstmantel war immer rot"

Ob bei Festen oder im Alltag, die Soutane der Päpste ist weiß und bodenlang. Das war nicht immer so. Vatikankenner Ulrich Nersinger blättert in der Kirchengeschichte und erzählt von Papstfarben, roten Schuhen und teuren Schneidern.

Ein Messgewand in der liturgischen Farbe rot mit Verzierungen in Gold auf einer Schaufensterpuppe / © Francesco Pistilli (KNA)
Ein Messgewand in der liturgischen Farbe rot mit Verzierungen in Gold auf einer Schaufensterpuppe / © Francesco Pistilli ( KNA )

DOMRADIO.DE: Beginnen wir mit der Soutane. Die war gar nicht immer weiß, oder?

Ulrich Nersinger (Vatikanexperte und Autor): Die eigentliche Farbe der Päpste ist nicht das Weiß, sondern das Rot. Und zwar das Rot, das man schon relativ früh von den römischen Kaisern übernommen hat. Auch der Papstmantel war immer rot. Und Johannes Paul II. trug noch bei gewissen Gelegenheiten über der Soutane einen roten Umhang. Aber die Soutane selber ist eigentlich immer weiß gewesen.

Ulrich Nersinger / © privat
Ulrich Nersinger / © privat

DOMRADIO.DE: Bodenlang war es auch nicht immer, oder?

Ulrich Nersinger

"Die Soutane wie sie sich heute darstellt, ist eigentlich eine späte Erscheinung."

Nersinger: Nein, das variierte. So wie die Soutane sich heute darstellt – nicht nur beim Papst, auch bei den Kardinälen und bei den Bischöfen und Priestern – ist eigentlich eine relativ späte Erscheinung. Das kommt aus den 1850er Jahren. Da hat Papst Pius IX. das neu geordnet. Darum spricht man auch vom sogenannten "Abito Piano", dem pianischen Habit.

DOMRADIO.DE: Seit wann sieht denn der Papst so aus, wie wir das jetzt alle kennen?

Kaseln in den liturgischen Farben Rot, Rosa, Weiß und Beige beim Herrenausstatter Barbiconi für Priester in Rom / © Francesco Pistilli (KNA)
Kaseln in den liturgischen Farben Rot, Rosa, Weiß und Beige beim Herrenausstatter Barbiconi für Priester in Rom / © Francesco Pistilli ( KNA )

Nersinger: Ja, das wissen wir gar nicht so genau. Es gibt verschiedene Erklärungen, woher die weiße Soutane kommt. Eine ist, dass es natürlich von der Albe – dem liturgischen Gewand, das immer schon weiß war – herkommt.

Dann gibt es die Theorie, dass es auf das Domkapitel des Laterans, also der eigentlichen Bischofskirche des Papstes, zurückgeht. Die Domherren folgten im Mittelalter einer Ordensregel und trugen ein weißes Gewand.

Und eine andere Erklärung ist, dass wir Päpste hatten, die aus dem Dominikanerorden kamen. Das Dominikanergewand ist ja auch weiß. Also vermutlich geht das alles ineinander über.

DOMRADIO.DE: Wer schneiderte und schneidert eigentlich die Papstkleidung?

Nersinger: Wir haben einen ganz berühmten Schneider in Rom. Das ist die Firma Gammarelli. Die ist seit Ende des 18. Jahrhunderts in Rom ansässig, und die hat es sich erobert, dass sie für die Päpste die Soutane schneidert. Fast alle Päpste haben eine Soutane aus dem Haus Gammarelli getragen.

Ulrich Nersinger

"Fast alle Päpste haben eine Soutane aus dem Haus Gammarelli getragen."

Ein Pater verlässt das Geschäft eines römischen Schneiders. Im Schaufenster sind Papstgewänder in drei verschiedenen Größen ausgestellt. / © Paul Haring (KNA)
Ein Pater verlässt das Geschäft eines römischen Schneiders. Im Schaufenster sind Papstgewänder in drei verschiedenen Größen ausgestellt. / © Paul Haring ( KNA )

Es gibt ein paar Ausnahmen: Pius XII. hatte einen Hausschneider und auch Papst Benedikt XVI. hatte in Borgo, im Viertel rund um den Vatikan, einen Schneider. Und so haben wir dann doch gewisse verschiedene Schneider des Papstes gehabt.

DOMRADIO.DE: Warum hat sich Papst Benedikt für einen anderen Schneider entschieden?

Nersinger: Ich denke, das waren auch ökonomische Gründe. Benedikt war ein bescheidener Mann und er hat sich ganz einfach eine etwas billigere Soutane schneidern lassen, bei Gammarelli ist es nun doch teurer. Das gilt heute noch. Wenn man etwas auf sich hält, lässt man eine Soutane bei Gammarelli schneidern. Aber da zahlt man dann natürlich auch einen entsprechenden Preis.

Ulrich Nersinger

"Man hat auch in der Liturgie nach der jeweiligen Tagesfarbe Schuhe getragen. Aber Prada war es nie."

Papstkleidung von Schneider Gammarelli in Rom / © Paul Haring (KNA)
Papstkleidung von Schneider Gammarelli in Rom / © Paul Haring ( KNA )

DOMRADIO.DE: Papst Benedikt XVI. ist ja auch wegen seiner roten Schuhe, damals unter der Überschrift "Der Papst trägt Prada", durch die Weltpresse gegangen. Was war da los?

Nersinger: Da ist er wie die Jungfrau zum Kind gekommen. Ein Schuhdesigner hat gesehen, dass der Papst sich immer sehr abmühte – das war auch bei Johannes Paul II. so. Und er hat dann gesagt: Ich mache für den Papst neue Schuhe, bequeme Schuhe. Und die hat er dann rot gemacht. Rot auch deswegen, weil natürlich die Päpste von den römischen Kaisern und von den römischen Konsulen die Fußkleidung übernommen haben. Und die war rot.

Aber das war nicht immer so. Es gab auch Päpste, die weiße Schuhe getragen haben. Man hat auch in der Liturgie Schuhe nach der jeweiligen Tagesfarbe getragen. Aber Prada war es nie. Es war natürlich sehr knallig und sah sehr prunkvoll aus. Aber der Grund war nur, dass man dem Papst bequeme Schuhe verschaffen wollte.

DOMRADIO.DE: Bei Papst Franziskus sieht das anders aus, oder?

Ulrich Nersinger

 "Papst Franziskus trägt meistens orthopädische Schuhe."

Papst Franziskus trägt ein rotes Gewand, ein Pileolus und das Pallium / © Paul Haring (KNA)
Papst Franziskus trägt ein rotes Gewand, ein Pileolus und das Pallium / © Paul Haring ( KNA )

Nersinger: Natürlich ist der jetzige Heilige Vater mehr dafür, schlichte Sachen zu tragen. Aber wenn er diese etwas klobigeren Schuhe trägt, liegt das daran, dass er Probleme hat mit seinem Gehen, seiner Fortbewegung. Er trägt meistens orthopädische Schuhe.

DOMRADIO.DE: Franziskus hat sich ja die Bewahrung der Schöpfung auf die Fahnen geschrieben. Wissen Sie, ob er bei Stoffen und Kleidung Wert auf Nachhaltigkeit legt?

Nersinger: Da habe ich keine Ahnung. Das muss ich Ihnen ehrlich sagen. Ich traue mich auch nicht, das in Rom zu erfragen. Ich denke, da würde ich auch keine zufrieden stellende Antwort bekommen.

Das Interview führte Carsten Döpp. 

Quelle:
DR