Viele Menschen leben in Chile nach Waldbränden in Ruinen

Mühsamer Wiederaufbau

Vor einem Monat verwüsteten Waldbrände in Chile tausende Hektar Land und ganze Straßenzüge von Küstenstädten. Obwohl die Regierung von schneller Hilfe spricht, leben viele Menschen noch unter Planen in den Ruinen ihrer Häuser.

Autor/in:
Malte Seiwerth
Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce (epd)
Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce ( epd )

Die Sonne brennt im Vorstadtviertel El Olivar, auf den Hügeln der chilenischen Küstenstadt Viña del Mar. Ringsum verkohlte Mauerreste, verbrannte Bäume ragen schwarz gen Himmel, während am Boden erste grüne Sprossen erkennbar sind. 

Regelmäßig Aktivitäten für Kinder und Erwachsene

Unter einem kleinen Festzelt basteln Kinder. "Seit dem Feuer organisieren wir regelmäßig Aktivitäten für Kinder und Erwachsene", sagt Yvone Venegas, während sie auf einem Plastikstuhl zwischen den Mädchen und Jungen sitzt.

Die Anwohner hätten die Unterstützung bitter nötig. Denn viele haben mit den verheerenden Waldbränden von Anfang Februar um die Küstenstädte Viña del Mar und Valparaíso alles verloren. 

Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce (epd)
Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce ( epd )

Mit mehr als 110 Toten, über 9.000 verbrannten Häusern und einer betroffenen Fläche von der Größe der Stadt Mainz waren es die schlimmsten Waldbrände in Chiles jüngerer Geschichte. 

Regierung rief Notstand aus

Die Regierung rief den Notstand aus und versprach baldige Hilfe. Doch knapp einen Monat nach den Flammen läuft der Wiederaufbau erst schleppend an, während die Politik über Ursachen und Konsequenzen der Katastrophe berät. 

Die Nachbarschaft sei zusammengewachsen, sagte Venegas. "Wir haben Krisenkomitees gegründet, gemeinsam gekocht und uns um eine psychologische Begleitung jener gekümmert, die ihr Haus verloren haben." 

Präsidentenpalast in Santiago de Chile / © streetflash (shutterstock)
Präsidentenpalast in Santiago de Chile / © streetflash ( shutterstock )

Sie selbst hatte Glück. Ihr Haus blieb verschont. Die Regierung tue zu wenig, kritisiert die Anwohnerin. "Wir konnten Arztbesuche, Spenden von Stiftungen und Unternehmen organisieren, aber von der Regierung kam kaum Hilfe." 

Die linke Regierung von Präsident Gabriel Boric betont derweil, schnell und großzügig reagiert zu haben. Die Sommerresidenz der Präsidenten in Viña del Mar wurde für die Schulferien in einen Hort umgewandelt, damit die Kinder der Umgebung ihre Tage dort verbringen konnten. 

Wiederaufbauzuschuss von etwa 1.000 Euro

An über 7.000 Haushalte wurde ein einmaliger Wiederaufbauzuschuss von umgerechnet etwa 1.000 Euro gezahlt. In den ersten Vierteln wurden einfache Holzbaracken als Zwischenunterkünfte aufgebaut. Eine Mietsubvention soll die Suche nach weiteren Zwischenlösungen fördern. Das Handynetz sowie die Versorgung mit Wasser und Strom wurden größtenteils wieder hergestellt.

Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce (epd)
Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce ( epd )

Die Siedlung El Olivar besteht jedoch aus Mehrfamilienhäusern, was einen selbstständigen Wiederaufbau sowie das Aufstellen von Baracken erschwert, wie der Präsident der Nachbarschaftsvereinigung Felipe Glaser erläutert.

 "Die Regierung hat angekündigt, die nächsten Wochen mit dem Abriss der Ruinen zu beginnen, danach soll irgendwann der Wiederaufbau beginnen". Noch ist allerdings der genaue Zeitplan unbekannt.

 Suche nach Ursachen schreitet voran

Gleichzeitig schreitet die Suche nach den Ursachen voran. Das chilenische Investigativportal "Ciper" berichteten zwei Wochen nach den Bränden, die Stadtverwaltung von Viña del Mar habe keinen
aktuellen Evakuierungsplan gehabt, wie vom Gesetz vorgeschrieben. Mit einer vorzeitigen Evakuierung der Wohngebiete hätten demnach viele Leben gerettet werden können. 

Die Regierung ihrerseits vermutet zumindest hinter einem Teil der Brände, die fast zeitgleich entfachten, Brandstiftung. Man habe genügend Beweise gefunden, um darauf schließen zu können, sagte Regierungssprecherin Camila Vallejo Mitte Februar. "Es liegt an der Staatsanwaltschaft und später den Gerichten, diesem Verdacht nachzugehen."

Viele Menschen leben in Zelten in den Ruinen ihrer Häuser

Doch bis heute leben viele Menschen in Zelten in den Ruinen ihrer Häuser. Lidia Huilipan ist eine von ihnen. Ihre Familie konnte sich retten, ihr Hund nicht. Nun sitzt sie zusammen mit einer Nachbarin unter einer Plane vor der Mauer dessen, was einmal ihr Haus war. 

Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce (epd)
Mühsamer Wiederaufbau nach den Flammen in Chile / © Susana Castillo Ponce ( epd )

Zusammen bewachen sie ihre wenigen Habseligkeiten, während Huilipans Familie nach einer Wohnung sucht. "Es ist sehr schwierig etwas Bezahlbares zu finden", meint Huilipan etwas grimmig. "Die Eigentümer nutzen unsere Not aus, um Geld zu verdienen."

Wie sie ihr Leben zukünftig finanzieren wird, weiß Huilipan nicht. Sie schneiderte von zu Hause aus Kleidungsstücke, doch alle ihre Maschinen und Teile des Ersparten sind mit dem Feuer verbrannt.

Huilipan hofft, in ein bis zwei Jahren wieder in ihren Straßenzug zu ziehen. So lange wird es mindestens dauern, bis zumindest die physischen Schäden der Brände repariert sind.

Die katholische Kirche in Chile

Bei 18 Millionen Einwohnern sind in Chile rund 74 Prozent der Bevölkerung katholisch. Allerdings gibt es eine zunehmende Konkurrenz durch Sekten und Nachwuchsprobleme. Auf einen Priester kommen 5838 Katholiken. Insgesamt gibt es 960 Gemeinden.

Das Land ist nach der dunklen Ära der Pinochet-Diktatur eines der demokratisch stabilsten in Südamerika, kaum ein Land hat so viele Freihandelsabkommen. Aber die starke Kluft zwischen Arm und Reich und der Widerstand der Ureinwohner der Mapuche sind auch für die Kirche große Herausforderungen, die hier als sehr konservativ gilt.

Fassade der Apostolischen Nuntiatur in der chilenischen Hauptstadt. / © Leonardo Rubilar (dpa)
Fassade der Apostolischen Nuntiatur in der chilenischen Hauptstadt. / © Leonardo Rubilar ( dpa )
Quelle:
epd