Es lasse sich nicht ignorieren, dass die Öffentlichkeit eine Verbindung zwischen dem Missbrauchsgeschehen und dem kirchlichen Umgang mit dem Thema Sexualität herstelle. Damit müsse sich Kirche auseinandersetzen, sagte er am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) in Münster.
Von der Lebenswirklichkeit entfernt
Polenz weiter: "Die Kirche hat sich in ihrem ganzen Verständnis von Sexualmoral sehr weit von der Lebenswirklichkeit der Menschen entfernt und sich in ein Gebäude zurückgezogen, das immer weniger von ihnen betreten wollen. Das fördert Verkrampfung und Verdruckstheit."
Derzeit stehe im Vordergrund, wie man mit den Missbrauchsopfern umgehe und wie diejenigen zur Verantwortung gezogen würden, die sich schuldig gemacht hätten, so der frühere CDU-Generalsekretär. Entscheidend für die Zukunft werde aber auch sein, dass man der Kirche kein "Organisationsverschulden" mehr nachsagen könne.
Rücktritte sind kein Tabu
Dafür gelte es wie in anderen gesellschaftlichen Bereichen auch Vorkehrungen zu treffen, die Missbrauch verhindern. Außerdem müsse in Zukunft jeder Verdachtsfall von Staatsanwaltschaft und Polizei untersucht werden. "Solange der Eindruck fortbesteht 'Wenn was kommt, mauscheln die das wieder weg', wird die Kirche auf keinen grünen Zweig kommen", sagte Polenz.
Auf die Frage, ob Bischöfe durch Rücktritte Verantwortung für organisatorisches und menschliches Fehlverhalten beim Umgang mit Missbrauchsfällen übernehmen könnten, antwortete Polenz: "Ich hielte es zumindest für fragwürdig, wenn die Kirche sagen würde: Ab einem bestimmten 'Dienstgrad' kommt ein Rücktritt nicht infrage."