Vor 650 Jahren starb der Lyriker Francesco Petrarca

Er hat den Weltschmerz erfunden

Er zählt zu den großen italienischen Dichtern: Petrarca steht am Anfang der neuzeitlichen volkssprachlichen Poesie in Europa. Er schrieb sehnsuchtsvolle Gedichte über eine große Liebe, die sein Leben lang unerfüllt blieb.

Autor/in:
Christian Feldmann
Papstpalast in Avignon, wo auch Petrarca viele Jahre wirkte.  / © kavalenkava (shutterstock)
Papstpalast in Avignon, wo auch Petrarca viele Jahre wirkte. / © kavalenkava ( shutterstock )

In den italienischen Stadtrepubliken herrschte in der beginnenden Renaissance praktisch ständig Bürgerkrieg. Bürger gegen Bischof oder Adel, ein Grafengeschlecht gegen das andere. Weil sich sein Vater aus diesen Zwistigkeiten nicht heraushalten konnte, war die Familie Petrarcas aus Florenz nach Arezzo verbannt worden, und dort wurde im Jahre 1304 der spätere Dichter Francesco Petrarca geboren. In diesem Jahr wird an seinen 650. Todestag am 19. Juli 1374 erinnert, der Vatikan legte eine Gedenkmünze auf.

Seine geliebte Laura 

Am Karfreitag des Jahres 1327 ereilte Petrarca in der Kirche der heiligen Clara in Avignon sein Schicksal - so behauptete er es zumindest später: Er sei seiner "Laura" begegnet, der "Geliebten, Guten, paradiesisch Reinen", von der bis heute keiner weiß, ob sie wirklich existiert hat oder nur der Fantasie des Poeten entsprungen ist. Jedenfalls begann von diesem Tag an die Flamme seiner Verliebtheit "den Himmel und die Täler mit unglücklichen, aber auch süßen Lauten zu erfüllen" (Petrarca).

Bis zu seinem Tod arbeitete er fortan an dem Werk, das ihn selbst, den Dichter, unsterblich machen sollte, aber auch das Objekt seiner Anbetung, Madonna Laura. Die berühmte Sammlung "Canzoniere" enthält exakt 365 Dichtungen - eine für jeden Tag des Jahres - und ein Eingangspoem: unerfüllte Liebe als Lebensinhalt.

Geweihter in Avignon

Als junger Mann sollte er Jura studieren, wie sein Vater, ein Notar. Seine Leidenschaft galt jedoch schon früh dem Sammeln antiker Literatur und dem Dichten. Petrarca brach das Studium ab und ging nach Avignon, wo die Päpste damals im "Exil" residierten, in Pomp und Luxus und als Strohmänner der französischen Politik.

Er empfing die niederen kirchlichen Weihen und trat in den Dienst des ebenso mächtigen wie kunstsinnigen Kardinals Giovanni Colonna,entfaltete als Sekretär und Diplomat eine emsige Tätigkeit und erzielte mit seiner wissenschaftlichen Arbeit respektable Erfolge: Francesco Petrarca erforschte die in verschiedenen Varianten überlieferten Werke des römischen Historikers Livius, entdeckte bis dato unbekannte Textfragmente und erstellte eine zuverlässige Neuausgabe.

Rückkehr des Papsttums nach Rom 

Seine Sehnsucht nach der verblassten Größe des alten Rom veranlasste ihn zu lateinischen Episteln und italienischen Gedichten, in denen er die Rückkehr des Papsttums in die Ewige Stadt forderte. Und er bemühte sich um die Wiederbelebung der antiken Philosophie, gilt als wichtiger Vertreter des Humanismus in der Renaissancezeit.

Als 1348 die Pest in Europa wütete, starb Petrarca zufolge auch Laura, und er träumte fortan von der mystischen Vereinigung mit seinem "Engel". Seine unerfüllte Schwärmerei für Laura hat ihn nicht daran gehindert, Beziehungen zu sehr irdischen Frauen einzugehen. Seine Kinder Giovanni und Francesca sind amtlich registriert, wer ihre Mutter war, fand er nie einer Erwähnung wert.

Hymnen an Laura 

"Fragmente in der Volkssprache" nannte er bescheiden seine Liebessonette. Die Hymnen an die engelgleiche, aber sehr persönlich geschilderte "Madonna Laura" bringen einen unerhört individuellen, emotionalen Ton in die italienische Lyrik. "Wie viele andere habe ich mit dieser Krankheit angesteckt?", fragte er einen Freund. Er hat die ebenso suggestive wie elegante Klage über das unglückliche Verliebtsein erfunden und den Weltschmerz, besser gesagt dessen dichterischen Ausdruck.

Mit Petrarca, so formuliert es der Konstanzer Romanist Karlheinz Stierle, "beginnt die große Tradition neuzeitlicher europäischer Lyrik aus dem Geist einer komplizierten, gebrochenen Subjektivität."

Gipfelbesteigung

Zu den bekannten Episoden seines Lebens gehört die Besteigung des Mont Ventoux. Ob Petrarca am 26. April 1336 tatsächlich auf den Berg in der Provence gestiegen ist, ist bis heute umstritten, aber keinesfalls unmöglich. 

Ein später niedergeschriebener Reisebericht zumindest berichtet davon und gipfelt in dem Gedanken, wie unbedeutend ein solches Naturerlebnis im Vergleich zum geistigen Aufstieg des Menschen zu Gott sei. Er zitiert den heiligen Augustinus: "Da gehen die Menschen, die Höhen der Berge zu bewundern, die Fluten des Meeres und der Gestirne Bahnen ... und verlieren dabei sich selbst."

Ruheloser Poet 

In Rom wurde er 1341 zum Dichter (poeta laureatus) gekrönt. Zur Ruhe kam er niemals, obwohl er in seinen Traktaten von einem Eremitenleben schwärmte. Er war für den Papst in diplomatischer Mission unterwegs, fand überall Mäzene und Anregungen, hielt sich nirgends lange auf. Er las beim Rasieren, schmiedete beim Essen Verse und beendete, wie er selbst zum Besten gab, "oft auf dem Rücken eines Pferdes gleichzeitig ein Gedicht und eine Reise".

"Verbraucht und erschöpft über die Maßen", suchte er in den Thermalbädern von Abano in der heutigen italienischen Provinz Padua Linderung für seine Altersleiden. Mit 69 Jahren starb er im nahegelegenen Dorf Arquà, das heute den Namen Arquà Petrarca trägt.

Quelle:
epd