Vor zwei Jahren gewann die Rechte die Wahlen in Italien

Giorgia Meloni die Nummer eins

Als Giorgia Meloni vor zwei Jahren jubelnd ihren Wahlsieg feierte, rieben sich viele verwundert sie Augen. Seit Oktober 2022 regiert die Römerin unangefochten und macht auch international eine "bella figura".

Autor/in:
Ludwig Ring-Eifel
Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien / © Fabrizio Corradetti/LPS via ZUMA Press Wire (dpa)
Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien / © Fabrizio Corradetti/LPS via ZUMA Press Wire ( dpa )

Als am 25. September 2022 in Italien die ersten Wahl-Hochrechnungen bekannt wurden, veränderte sich die politische Landschaft in Rom binnen weniger Minuten. Das Mitte-Rechts-Bündnis aus Postfaschisten, Lega und Forza Italia hatte in beiden Kammern des Parlaments die absolute Mehrheit der Sitze gewonnen. 

Gewinner unter den Parteien waren die "Fratelli d'Italia" mit ihrer jungen Vorsitzenden Giorgia Meloni. Seither ist sie politisch unangefochten die Nummer eins in einem Land, in dem sonst Männer den Ton angeben und mit Rivalitäten und Eitelkeiten oft dafür sorgen, dass Koalitionsregierungen rasch stürzen.

Unter Meloni ist das anders. Die Stabilität ihres Regierungsbündnisses war bislang nie gefährdet. Selbst den Rücktritt ihres Kulturministers Gennaro Sangiuliani, der nach einer tragikomischen Affäre mit einer Influencerin seinen Sessel räumen musste, hat sie mit wenigen Schrammen überstanden.

Meloni steht echtes politisches Drama ins Haus

Doch nach dem Schmierentheater um den verliebten Minister steht Meloni nun ein echtes politisches Drama ins Haus: Der liberale Koalitionspartner Forza Italia zeigt vorsichtige Absetzbewegungen - und ohne ihn kann sie auf Dauer nicht regieren. Die den großen Wirtschaftsunternehmen verpflichtete Forza Italia drängt mit Blick auf den Arbeitskräftemangel darauf, Gesetze zur Einbürgerung von eingewanderten Jugendlichen zu vereinfachen. Italiener soll werden können, wer in Italien die Schule besucht hat.

Die Unterstützung dafür reicht weit: von den katholischen Bischöfen bis hin zu den Parteien des linken Spektrums. Da gleichzeitig einige Kleinstparteien der linken Mitte dabei sind, sich aufzulösen, könnte sich ausgehend von der Einbürgerungsdebatte bald eine neue Option für eine Mitte-Links-Mehrheit ergeben.

Aber Meloni wäre nicht seit zwei Jahren Regierungschefin in Rom, wenn sie nicht Wege wüsste, wie man solche Manöver verhindert. Ihr Aufstieg in der italienischen Parteienlandschaft ist beispiellos und zeugt von einem sicheren Machtinstinkt. Wenn sie keine schweren Fehler macht, kann sie damit rechnen, die ganze Legislaturperiode durchzustehen. Das ist im Nachkriegsitalien erst drei Regierungschefs gelungen.

Meloni nutzt gerne Auftritte auf internationaler Bühne

Zur Stabilisierung ihrer Position im Inneren nutzt Meloni gerne Auftritte auf internationaler Bühne. Vor ihrer Teilnahme an der UN-Vollversammlung in New York stand die Verleihung des Global Citizen Prize durch den "Atlantic Council" auf ihrem Reiseprogramm - mit dem Unternehmer Elon Musk als Laudator. Es ist nicht das erste Mal, dass sie gemeinsam auftreten. Beide treten lautstark für Meinungsfreiheit, gegen unkontrollierte Migration und gegen die Geburtenflaute im Westen auf.

Papst Franziskus empfängt Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Papst Franziskus empfängt Giorgia Meloni, Ministerpräsidentin von Italien / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )

Am anderen Ende des Spektrums zeigt sie sich gerne mit Papst Franziskus. Beim G7-Gipfel Mitte Juni in Apulien verschaffte sie sich durch seinen Auftritt mit einer Grundsatzrede zum Thema Künstliche Intelligenz Respekt. Sie selbst hatte das eingefädelt, wohl unter Vermittlung eines Franziskaner-Paters, der sowohl sie als auch den Vatikan zum Thema KI berät. 

Die Bilder vom Papst, der die Mächtigen der Welt ermahnt und der neben ihm sitzenden Gastgeberin gingen um die Welt. Franziskus zeigt sich oft mit Meloni - und das, obwohl er in der Migrationspolitik anders denkt als sie. Vor allem beim Werben für eine höhere Geburtenrate sind die beiden sich einig. Zudem lehnen beide eine gesetzliche Freigabe der Abtreibung ab.

Meloni spielt mehrfach "katholische Karte"

Nicht nur mit dem Papst spielt die alleinerziehende Mutter die "katholische Karte". Ende August 2023 besuchte sie den sozialen Brennpunkt Caivano bei Neapel. Der lokale "Sozialpfarrer" hatte nach einer Serie von Gewaltvorfällen einen dramatischen Hilferuf an die Regierung veröffentlicht - und prompt machte sich Meloni auf den Weg. Der eher links verortete Geistliche lobte die Regierungschefin, weil sie mehr Polizeipräsenz und frisches Geld für Sport- und Jugendeinrichtungen versprach.

Wer in Italien den Papst und populäre Pfarrer für sich als Verbündete gewinnt, hat viel erreicht. Mehr Konsens geht kaum. Dass es Meloni gelungen ist, aus einer rechten Splitterpartei die stärkste politische Kraft in Italien zu formen, ist ein Kunststück, das ihr so schnell keiner nachmacht. Seit unter ihrer Führung Italien wirtschaftlich erfolgreicher ist als andere in Europa, wächst auch in der Mitte die Zustimmung. Bei den EU-Wahlen kamen die Fratelli auf fast 29 Prozent. Und mit Raffaele Fitto als neuem EU-Kommissar setzte sie nun auch noch einen der Ihren auf einem wichtigen Posten in der Administration von Ursula von der Leyen durch. 

Papst Franziskus

Jorge Mario Bergoglio wurde am 17. Dezember 1936 in der argentinischen Hauptstadt Buenos Aires geboren. Von 1950 bis 1954 machte er eine Ausbildung als Chemietechniker. In den Jesuitenorden trat er 1958 ein. Danach vervollständigte er seine humanistischen Studien in Chile.

Er kehrte 1963 nach Argentinien zurück und schloss sein Philosophiestudium ab. Im kommenden Jahr wurde er zum Professor für Literatur und Psychologie, erst in Santa Fe, dann in Buenos Aires. Ab 1967 studierte er Theologie, in der Zeit erhielt er auch seine Priesterweihe (1969).

Nachdenklich: Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani (KNA)
Nachdenklich: Papst Franziskus / © Vatican Media/Romano Siciliani ( KNA )
Quelle:
KNA