Warum Hostien manchmal "beerdigt" werden

"Ein heikles Thema für Christen"

Die Hostie gehört zum Heiligsten der Katholiken. Doch was passiert mit ihr, wenn sie zum Beispiel verdorben ist? Darf man sie wegwerfen? Der Theologe Peter Seul erklärt, wie man in solchen Fällen würdevoll mit der Kommunion umgeht.

Autor/in:
Clemens Sarholz
Kelche mit Hostien stehen auf einem Tisch während eines Gottesdienstes im Limburger Dom / © Harald Oppitz (KNA)
Kelche mit Hostien stehen auf einem Tisch während eines Gottesdienstes im Limburger Dom / © Harald Oppitz ( KNA )

DOMRADIO.DE: Warum werden Hostien nicht in Mülltonnen entsorgt, wenn sie nicht mehr an Gläubige verteilt werden können?

Pfr. Dr. Peter Seul (privat)
Pfr. Dr. Peter Seul / ( privat )

Dr. theol. Pfr. Peter Seul (Lehrbeauftragter für Homiletik): Nach der Wandlung sind die Hostien und der Messwein "konsekriert", so der Fachausdruck. Sie sind also von Brot und Wein in Leib und Blut Christi gewandelt worden. 

Ein Wort, das ich in dem Zusammenhang gerne gebrauche, ist "Realsymbol". In diesen kleinen Gaben, dem Brot und dem Wein, ist Jesus Christus ganz und gar gegenwärtig. Nicht in seiner großen Herrlichkeit, sondern demütig und bescheiden. Und das macht diese Hostien dann so einmalig und so wertvoll und so heilig. Das ist ein heikles Thema für Christen, und natürlich auch eine Frage der Pietät.

DOMRADIO.DE: Was genau passiert bei der Wandlung?

Peter Seul

"Die Präsenz Christi in den eucharistischen Gaben von Brot und Wein wird dadurch gegenwärtig."

Seul: Innerhalb der Eucharistiefeier wird der Einsetzungsbericht vorgetragen. Das ist eine Erinnerung an das, was Jesus beim letzten Abendmahl getan hat. Er nahm sich Brot und Wein innerhalb eines festlichen Mahles und setzte sich selbst in Bezug dazu, indem er sagte: "Das bin ich für euch." Die Präsenz Christi in den eucharistischen Gaben von Brot und Wein wird dadurch gegenwärtig. Dieser Aspekt der Präsenz ist der Entscheidende für unseren Glauben.

DOMRADIO.DE: "Beerdigt" man Jesus, wenn Hostien schimmeln? 

Seul: Man "beerdigt" das Realsymbol für Jesus. Eine verschimmelte Hostie kann nicht mehr ausgeteilt werden. Für diese Fälle gibt es den Brauch, sie in ein Wasserbecken hinein zu geben. In das Sacrarium. “Sacre” heißt heilig und es nimmt das Allerheiligste auf. Es befindet sich in der Sakristei und hat einen Abfluss, der ins Erdreich geht. Da wird die Hostie quasi beerdigt. Sie geht dann den Gang alles Irdischen und zerfällt. Das ist für uns die angemessene Form, mit Hostien umzugehen, die verdorben sind. 

Auch in anderen Fällen wird so mit der Hostie umgegangen. Wenn beispielsweise dem Gläubigen bei der Krankenkommunion die Hostie aus dem Mund herausfällt. 

DOMRADIO.DE: Es haben aber nicht alle Kirchen so ein Sacrarium?

Peter Seul

"Da geht es um einen würdevollen Umgang."

Seul: Ich habe die Hostie auch schonmal in einem Klostergarten begraben. Direkt vor einem Kreuz haben wir sie ins Erdreich gelassen. Da geht es um einen würdevollen Umgang.

DOMRADIO.DE: Weshalb die Kommunion auch in Tabernakeln aufbewahrt wird...

Seul: Das Wort Tabernakel geht zurück auf das Alte Testament und bedeutet "Heiliges Zelt" oder "Bundeszelt". Der Ort, wo Gott gegenwärtig ist. Die Hostie wird dort aber nur nach der Wandlung aufbewahrt. Davor lagert das Brot und der Wein in der Sakristei. 

Ein wichtiger Begriff, der in die liturgischen Normen fällt, ist der der Sorgfalt. Sie ist sowohl bei der Entsorgung, als auch bei der Aufbewahrung anzuwenden. Es darf eigentlich nicht geschehen, dass der Wein zu Essig wird, oder Hostien zu alt oder brüchig werden. Das ist eine Aufgabe derer, die in der Liturgie tätig sind.

DOMRADIO.DE: Es gibt auch heilige Öle. Gibt es Unterschiede im Umgang zwischen den einzelnen Heiligkeiten? 

Seul: Das Sacrarium ist für Wein, Hostien und Öle vorgesehen. Bei den Ölen gibt es allerdings die Besonderheit, dass sie auch im Osterfeuer verbrannt werden können. So wie man das mit Palmzweigen aus dem Vorjahr macht.

DOMRADIO.DE: Wie geht man vor, wenn man versehentlich Messwein verschüttet?

Peter Seul

"Mit diesem Kelchtuch wird der Wein aufgewischt."

Seul: Auf dem Merkblatt für den Kommunionskurs steht an dieser Stelle, wenn ich mich richtig erinnere: “Keine Panik”. In der Liturgie gibt es Tücher. Korporale heißt beispielsweise das Tuch, auf dem Altar, auf dem die eucharistischen Gaben stehen. Dann gibt es noch ein Kelchtuch, mit dem der Kelch nach dem Trinken gereinigt wird. Mit diesem Kelchtuch wird der Wein aufgewischt.

DOMRADIO.DE: Steht das irgendwo beschrieben?

Seul: Diese Vorgänge sind im "Römischen Messbuch" oder in der “Allgemeinen Einführung ins Römische Messbuch” beschrieben. Aber dort steht nur was über die Sorgfalt, die man beim Verwahren aufwenden soll. Über die Entsorgung habe ich dort nichts gefunden.

DOMRADIO.DE: Woher kommen diese Rituale? 

Seul: Sie sind im Laufe der Zeit entstanden, um einen würdevollen Umgang mit Missgeschicken zu ermöglichen. In den 33 Jahren, in denen ich Priester bin, ist mir allerdings niemals eine verschimmelte Hostie begegnet. Das ist eine Sache der Sorgfalt. Es darf nie soweit kommen, dass die Heilige Kommunion verschimmelt. Das wäre ärgerlich und Nachlässigkeit hoch drei.

Deswegen sollten traditionell auch nur so viele Hostien im Tabernakel sein, wie es für die Krankenkommunion zum Beispiel notwendig wäre; um sie zu Kranken nach Hause zu bringen. Im Tabernakel soll kein riesiges Gefäß mit hunderten von Hostien sein, die man dann in der darauffolgenden Woche an die Gläubigen spendet. Die Liturgie sagt eigentlich, dass nur so viele Hostien darin sein sollen, wie Gläubige da sind.

DOMRADIO.DE: Für Außenstehende und Menschen, die keinen Bezug zum christlichen Glauben haben, wirkt das möglicherweise total absurd. Wie würden Sie denen diese Rituale erklären?

Peter Seul

"Obwohl der Begriff schon gefallen ist, "entsorgt" man Hostien auch nicht." 

Seul: Das sind die Dinge, die unserem Glauben am Heiligsten sind. Das kennt man ja auch dem Profanen. Wenn mir etwas wichtig ist, gehe ich damit ehrfürchtig um, ob es jetzt Briefe sind oder Fotos. Eine kleine Kiste, wo die persönlichen Heiligtümer drinnen sind, hat doch jeder bei sich rumstehen. 

Ich habe eine Schildkröte auf dem Schreibtisch, die ich niemals wegschmeißen würde. Die Bedeutsamkeit ist einfach zu groß. Und das schmeißt man nicht einfach weg. Man geht sehr vorsichtig damit um. Andere gehen ehrfürchtig mit ihrem Wagen um.

Obwohl der Begriff schon gefallen ist, "entsorgt" man Hostien auch nicht. Tote werden auch nicht "entsorgt" oder "verscharrt", sondern begraben.

Das Interview führte Clemens Sarholz.

Mundkommunion und Handkommunion

Die Kommunion wird in der römisch-katholischen Kirche entweder in Form der Mundkommunion oder, nach dem der Bischofskonferenz aufgrund eines päpstlichen Indultes eingeräumten Ermessen auch in Form der Handkommunion gereicht, dabei kann in jeder der beiden Formen der Gläubige die Kommunion kniend oder stehend empfangen. Bei der Mundkommunion legt der Kommunionspender die Hostie auf die Zunge des Empfangenden.

Bei der Kommunionausteilung / © Harald Oppitz (KNA)
Bei der Kommunionausteilung / © Harald Oppitz ( KNA )
Quelle:
DR