Huber kritisert Umwandlung der Hagia Sophia

Warum reagiert die Kirche so still?

Der frühere Bischof und EKD-Ratsvorsitzende, Wolfgang Huber, kritisiert die Entscheidung, die Hagia Sophia in Istanbul in eine Moschee umzuwandeln. Sie sei ein Fanal gegen das friedliche Zusammenleben der Religionen.

Hagia Sophia in Istanbul / © photo.ua (shutterstock)

Das sagte er in einem Interview mit "Zeit online". Zugleich warf er den Kirchen in Deutschland eine aus seiner Sicht mangelnde Solidarität mit Christen und anderen Minderheiten in der Türkei vor.

Die Entscheidung von Präsident Erdogan, sei "ein endgültiger Bruch mit der Rücksichtnahme auf die Jahrtausende alte christliche Tradition in der Region", so Huber: "Der Traum von einem friedlichen Zusammenleben der Religionen in der Türkei ist ausgeträumt."

Provokante Symbolik

Erdogans Entscheidung übertreffe "an provokativer Symbolik alles, was er bisher getan hat", ergänzte der ehemalige Berliner Bischof. Die Rückumwandlung in eine Moschee, sei "ein Fanal, dessen Gefährlichkeit man gar nicht überschätzen kann". Zudem beschädige diese Art von Religionspolitik "das Vertrauen in den guten Lebenssinn jeglicher Religion".

Aus Hubers Sicht ist die Türkei ein Land, das die Trennung zwischen politischer Macht und Religion eingeübt hatte. Sie habe gezeigt, dass eine solche Trennung mit dem Islam vereinbar sein könne. Doch "Erdogans Politisierung des Islam ist ein Rückschlag für die Türkei und für das Miteinander der Religionen". Sein Agieren untergrabe den Glauben, dass aufgeklärte Modernität und ein Sinn für Gott zusammenpassen: "Und sein Nationalislamismus erweckt den Eindruck, gläubige Menschen müssten sich aus der Moderne verabschieden."

Kirche ist zu still mit Kritik

Auf die Frage, ob die Deutschen politisch und kirchlich genug Kritik üben an der Lage religiöser Minderheiten in der Türkei, antwortete der frühere EKD-Chef: "Eher nicht. Da haben wir eine Negativbilanz. Für die Zurückhaltung politischer Akteure habe ich bis zu einem gewissen Grad Verständnis. Doch die Kirchen machen sich diese Zurückhaltung zu oft zu eigen."

Das Oberste Verwaltungsgericht in der Türkei hatte den Status des berühmten Bauwerks als Museum aufgehoben. Präsident Erdogan unterzeichnete darauf ein Dekret zur Nutzung der 537 als Kirche des griechisch-orthodoxen Kaiserreichs errichteten Hagia Sophia als Moschee. Nach der Eroberung Konstantinopels, des heutigen Istanbul, durch die türkischen Osmanen 1453 wurde sie zur Moschee.

Republikgründer Mustafa Kemal Atatürk machte sie 1934 zum Museum.


 

Wolfgang Huber / © Paul Zinken (dpa)
Wolfgang Huber / © Paul Zinken ( dpa )
Quelle:
KNA
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