Was hinter sommerlichen Familiennamen steckt

Wonniges Gemüt und Herzenswärme

Namen stiften Identität. Wer sich mit ihrer Herkunft beschäftigt, erfährt vieles über Kultur, Geschichte und Mentalität der Menschen im Mittelalter.

Autor/in:
Christoph Arens
Namen in Telefonbuch / © Fernando Macias Romo (shutterstock)
Namen in Telefonbuch / © Fernando Macias Romo ( shutterstock )

Kommt der Sommer? Und was wird aus Hitze und Urlaub? Auf diese Fragen kann die Mainzer Germanistin Rita Heuser ganz besondere Antworten geben. Sie sind sicherer als jede Wetterprognose.

Denn Heuser ist eine Expertin für Familiennamen. Mit anderen Wissenschaftlern der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz erforscht sie die 200.000 häufigsten Familiennamen in Deutschland - darunter auch die Namen Sommer, Hitze und Urlaub. Grundlage sind die Telefonbücher aus dem Jahr 2005.

Eine Erfindung aus dem 13. Jahrhundert

Entstanden sind die heutigen Familiennamen erst um das 13. Jahrhundert; sie erzählen viel über das Mittelalter. Die meisten
Namen leiten ihre Herkunft von Berufsbezeichnungen (Schmidt / Müller) oder von Vornamen (Jensen / Friedrichs) her, wie Heuser berichtet. 

So sieht es aus, wenn alte Handschriften ins Digitale gespeichert werden - hier Universitätsbibliothek Albertina in Leipzig (Archiv 2011) / © Jan Woitas (dpa)
So sieht es aus, wenn alte Handschriften ins Digitale gespeichert werden - hier Universitätsbibliothek Albertina in Leipzig (Archiv 2011) / © Jan Woitas ( dpa )

Aber auch Herkunftsbezeichnungen (Westphal / Brüggemann) oder persönliche Eigenschaften (Klein, Groß, Krummbein) gingen in die Namensgebung ein.

Fest steht: Überall in Deutschland gibt es Sommer. Zum gleichlautenden Familiennamen bestehen laut Heuser 19.207
Telefonbucheinträge (das entspricht rund 53.780 Namenträgern), die sich gleichmäßig über die Bundesrepublik verteilen. 

Namen mit langer Geschichte

Zur Erklärung bieten sich mehrere Möglichkeiten: Einerseits kann damit jemand gemeint sein, der im Sommer eine Arbeitsverpflichtung oder eine Zinsabgabe zu leisten hatte. Andererseits kann der Name aber auch auf einen Vorfahren verweisen, der an einer sonnenverwöhnten Sommerseite wohnte.

Weit seltener gibt es Familie Urlaub: Die meisten der rund 700 Namensträger finden sich am Main um Würzburg. Allerdings: Die Träger dieses Namens hatten nicht unbedingt einen Vorfahren, der besonders gerne reiste. Denn die Bedeutung "Ferien" erhielt das Wort "Urlaub" erst in der Neuzeit. 

Im Mittelalter stand mittelhochdeutsch urloup für "Erlaubnis" - besonders für die "Erlaubnis, zu gehen" sowie das Abschied nehmen. Der erste Träger dieses Namens habe sich, so vermuten die Wissenschaftler, offenbar dadurch ausgezeichnet, dass er
einem Ort oder einer Verpflichtung häufiger oder länger fern blieb.

Namensträger mit besonderer Herzenswärme?

Deutlich positiver wirkt da die Bedeutung des Familiennamens Sonnenschein. Rund 2.480 Namensträger (bei 892 Telefonanschlüssen), vor allem im Westen, können sich mit solch einem freundlichen Namen vorstellen. Vermutlich zeichnete sich die ersten Namensträger durch ein wonniges Gemüt und Herzenswärme aus, so die Namensforscher. 

In einigen Fällen könne es sich auch um einen Wohnstättennamen handeln für jemanden, der in einem Haus "Zum Sonnenschein" oder an einem gleichnamigen Flurstück wohnte.

Ähnliches gilt auch für den Familiennamen Sonne, für den es bundesweit 187 Einträge im Telefonbuch gibt. Urheber war eine Person mit einem besonders sonnigen Gemüt oder jemand, der an einer

Religiöse Vornamen

In Deutschland erhalten immer mehr Neugeborene einen christlichen Vornamen. "Allerdings wissen viele Eltern gar nicht, dass es sich bei ihrer Wahl um einen biblischen Namen oder den eines Heiligen handelt", sagt Gabriele Rodriguez von der Namenberatungsstelle an der Universität Leipzig im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd). Beliebt seien zum Beispiel Maria, Sophie, Anna oder Paul. Die Namen würden vor allem als Ausdruck der Tradition verstanden. Schließlich hätten sie sich "über Jahrhunderte hinweg" gehalten.

"Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes", spricht der Priester. / © Beatrice Tomasetti (DR)
"Ich taufe dich im Namen des Vaters, des Sohnes und des Heiligen Geistes", spricht der Priester. / © Beatrice Tomasetti ( DR )
Quelle:
KNA