Wenig Beteiligung bei der Präsidentschaftswahl in Kamerun

Gefährliche Schicksalswahl

Ein Angriff auf Journalisten und leere Straßen haben die Präsidentschaftswahl in den anglophonen Provinzen Kameruns geprägt. Doch auch in der Hauptstadt Yaounde blieben am Sonntag viele Wähler zu Hause.

Autor/in:
Katrin Gänsler
Eine Nonne wählt in Yaounde (Kamerun) / © Sunday Alamba (dpa)
Eine Nonne wählt in Yaounde (Kamerun) / © Sunday Alamba ( dpa )

Die Nachrichten aus Buea, Hauptstadt der kamerunischen Provinz Südwest, sind schlecht. "Dort ist am Vormittag ein Konvoi angegriffen worden", berichtet Journalist Tarhyang Tabe am Telefon. Tabe ist Präsident der Vereinigung kamerunischer Medienschaffender, Herausgeber der englischsprachigen Zeitung "The Advocate Newspaper" und lebt in der 200.000 Einwohner zählenden Stadt. Aus der heißt es nun: Journalisten der Zeitung "Cameroon Tribune" wurden attackiert. "Zum Glück", so Tabe, "ist niemand zu Schaden gekommen." Noch ist unklar, wer für den Angriff verantwortlich ist.

Die Stadt Mbonge, die ebenfalls in der Provinz Südwest liegt, gleicht am Wahltag einer Geisterstadt. Überall im anglophonen Teil des Landes, in dem etwa 20 Prozent der knapp 25 Millionen Einwohner leben, gilt die Lage als angespannt. Wähler bleiben aus Angst zu Hause - und auch aus Desinteresse.

Konflikt zwischen englischsprachiger Bevölkerung und französisch dominierter Regierung

Schon im Vorfeld des Urnengangs an diesem Sonntag hatten Beobachter den Wahltermin als verfrüht kritisiert. Denn in der englischsprachigen Region herrschen mittlerweile bürgerkriegsähnliche Zustände. Aus Sicht vieler Menschen in Südwest und Nordwest ist das die Folge einer jahrzehntelangen Benachteiligung und einer schleichenden Frankophonisierung. Seit Jahren schwelt der Konflikt zwischen der dortigen englischsprachigen Bevölkerung und der französisch dominierten Regierung.

Nach Einschätzung der "International Crisis Group" sind aktuell rund 300.000 Menschen aus den anglophonen Provinzen auf der Flucht. Binnenvertriebene berichten unabhängig voneinander von Schießereien, Demütigungen von Seiten der Armee, ständiger Angst. Separatisten wie die "Ambazonia Fighters" hatten andererseits schon im Vorfeld angekündigt, die Wahl unmöglich machen zu wollen.

Präsident seit 36 Jahren an der Macht

Dennoch hat die Regierung von Paul Biya (85) alles getan, damit die Wahl stattfindet. Biya ist seit 1982 an der Macht und erneut klarer Favorit. Seine Partei, der "Demokratische Zusammenschluss des kamerunischen Volkes", gilt als starker Apparat und hat ein landesweites Netzwerk. Die Opposition hingegen ist gespalten. Anfangs forderten Biya acht Kandidaten heraus. Nur einen Tag vor der Wahl schlossen sich Akere Muna und Maurice Kamto zu einer Koalition zusammen. Die Stimmzettel für Muna liegen dennoch in den Wahllokalen aus.

Regierungskritiker bezweifelten im Vorfeld, dass die Wahlen transparent, frei und glaubwürdig werden. "Kamerunische Ingenieure haben deshalb die App Electra entwickelt", so Olivier Atinbop, der zum Unterstützerkreis des Oppositionskandidaten Cabral Libii gehört. Mit der für Smartphones entwickelte App können die Wahlprotokolle nach Schließung der Wahllokale fotografiert und auf einen Server gestellt werden. Das soll der Fälschung der Ergebnisse vorbeugen. "Ob es die Lösung ist, weiß ich nicht. Aber es ist zumindest eine Option für mehr Transparenz", sagt Atinbop. Die Wahlergebnisse müssen bis zum 22. Oktober vorliegen.

Nur ein Viertel der Einwohner für Wahl registriert

Generell stößt der Urnengang nur auf mäßiges Interesse. Nicht einmal 6,6 Millionen der 25 Millionen Einwohner haben sich für die Wahl registriert. Zum Vergleich: In Mali (knapp 17,8 Millionen Einwohner) standen im Juli gut acht Millionen Frauen und Männer im Wahlregister.

Für Berthe Mpacko ist es dennoch eine Selbstverständlichkeit zu wählen. Sie streckt den kleinen Finger ihrer rechten Hand in die Luft. Es ist das Zeichen dafür, dass sie bereits gewählt hat. Mpacko lebt im Zentrum der Hauptstadt Yauonde, und ihr Wahllokal befindet sich in einem Klassenzimmer des Lycees Elig-Essono. Sie gehörte am Sonntagmorgen zu den ersten Wählern. "Ich gehe davon aus, dass später noch mehr Menschen kommen. Jetzt sind noch viele in der Kirche", sagt sie.

Etwas später hat dort auch Sebastien Bikele seine Stimme abgegeben. "Ich kann nur alle Kameruner, die das Wahlalter von 18 Jahren erreicht haben, dazu auffordern. Es ist unsere Pflicht, wählen zu gehen." Nur so könne das erreicht werden, was Kamerun aus Bikeles Sicht gerade am meisten braucht. "Frieden. Wir brauchen jemanden an der Spitze, der hier wirklich Frieden schafft."


Paul Biya / © Sunday Alamba (dpa)
Paul Biya / © Sunday Alamba ( dpa )

Präsidentenwahl in Kamerun / © Sunday Alamba (dpa)
Präsidentenwahl in Kamerun / © Sunday Alamba ( dpa )
Quelle:
KNA