In der Karwoche rumort es im Kirchenvolk. Mehr als 25.000 Katholiken unterzeichneten bis Mittwoch (Ortszeit) eine Petition, in der sie die US-Bischöfe bitten, die Kirchen am höchsten Feiertag der Christenheit zu öffnen. Unter der Überschrift "We Are an Easter People" (Wir sind ein Ostervolk) drängen die Gläubigen ihre Kirchenführer dazu, "alles zu tun, irgendeine Form der öffentlichen Messe möglich zu machen". Die Gläubigen bräuchten die Teilnahme an der Osterliturgie. "Ermutigen Sie die Pastoren, sie zu feiern."
Vergleich zu Supermärkten
Mit Blick auf die 38 US-Bundesstaaten, die öffentliche Gottesdienste explizit untersagt haben, rufen die Gläubigen die Gouverneure auf, "religiöse Feiern als wesentliche Dienste anzuerkennen." So haben es unter anderen die bevölkerungsreichen Bundesstaaten Texas und Florida getan, die Kirchen ausdrücklich von den bestehenden Kontaktsperren ausnehmen.
Die Initiative geht auf die pensionierte Moraltheologin Janet Smith von der Notre-Dame-Universität und die Direktion der Regina Caeli Academy zurück, in der sich katholische Fernstudenten zusammengeschlossen haben. Prominente Unterstützung finden sie bei US-Kardinal Raymond Burke, jenem streng konservativen Prälaten, der sich als scharfer Kritiker von Papst Franziskus profiliert. "Genau wie wir Lebensmittel und Medizin kaufen dürfen und dabei aufpassen, den Corona-Virus nicht zu verbreiten", erklärte der Kardinal zuletzt, "müssen wir in unseren Kirchen und Kapellen beten, die Sakramente empfangen und an öffentlichen Gebeten und Anbetung teilnehmen können".
Öffentliche Messen abgesagt
Die US-Bischöfe haben angesichts der Corona-Pandemie in Einklang mit den Empfehlungen oder Vorschriften der Behörden bis auf weiteres alle öffentlichen Messen abgesagt. Auch für die Karwoche und das Osterfest, zu dem US-Präsident Donald Trump kürzlich noch auf "volle Kirchenbänke" hoffte. Angesichts der rasanten Ausbreitung der Pandemie haben einige Kirchenführer die Gotteshäuser ganz geschlossen, während andere sie für die private Andacht offen halten.
Zu letzteren gehört der Bischof von Arlington vor den Toren der Hauptstadt Washington. Bischof Michael Burbidge hat Verständnis für "den aus dem Herzen empfundenen Wunsch nach Teilnahme an den Heiligen Sakramenten". Gleichzeitig mahnte der in der US-Bischofskonferenz für Kommunikation zuständige Hirte aber zu Besonnenheit. Es müsse sichergestellt werden, dass "unsere religiösen Feiern nicht zur Verbreitung dieses tödlichen Virus beitragen".
Verschiedene Positionen
Diese Position wird von einer weit überwiegenden Zahl an Gläubigen der Konfessionen und Religionen in den USA geteilt. Für Schlagzeilen sorgen wie immer die die Ausnahmen: meist evangelikale Kirchen und Institutionen, die in Verboten des Staates einen Angriff auf die Religionsfreiheit wittern.
Dazu gehört der Präsident der Liberty University, Jerry Falwell. Er hatte sich über die Bitten des Gouverneurs von Virginia hinweggesetzt und die Kaderschmiede der Evangelikalen in Lynchburg für seine 46.000 Studenten wieder geöffnet. Auf "Fox&Friends" erklärte Falwell Mitte März, er frage sich, ob hinter den Restriktionen "politische Gründe" steckten.
Der Trump-Unterstützer machte sich damit nicht nur beim Gouverneur und besorgten Eltern unbeliebt, sondern auch bei den Stadtvätern von Lynchburg, einer armen Stadt am Fuße der Appalachen ohne ausreichende Gesundheitsinfrastruktur.
Die allermeisten Kirchenführer treffen andere Entscheidungen - weshalb die Christen zu Ostern den Gottesdienst via Internet-Stream verfolgen und die Juden ihre Pessach-Fest-Traditionen den Umständen anpassen. Die Epidemie-Expertin Jennifer Nuzzo von der Johns-Hopkins-Universität ist froh, dass die meisten Gläubigen Verständnis zeigen. Gotteshäuser seien Orte, an denen sich das Virus leicht ausbreite.