DOMRADIO.DE: Wer ist denn Frank Pavone?
Klaus Prömpers (Journalist und USA-Experte): Er wurde 1988 in New York zum Priester geweiht und hat bereits 1993, also nach fünf Jahren Priestertätigkeit, die "Priests for Life", also die Priester für das Leben gegründet und ist bis heute der Vorsitzende einer Vereinigung von Priestern, die sich sehr stark und monothematisch dafür einsetzen, dass Abtreibung generell verboten wird. Im Unterschied zu ihrer Haltung beispielsweise zur Todesstrafe in den USA, die sie durchaus für sinnvoll und möglich. Aber Abtreibung eines ungeborenen Kindes aus dem Mutterleib ist unmöglich. Das wird verteufelt im wahrsten Sinne des Wortes.
Er hat sich bereits in den 2000er Jahren stark engagiert, auch politisch, für George W. Bush im Wahlkampf. Sowohl 2000 als auch 2004, hat ihm auch sonst geholfen, hat auch Donald Trump geholfen. Und seit 2011 laufen nun Ermittlungen gegen ihn von seinem Bischof in Amarillo, Texas, Bischof Patrick Zurek. Er hat alle Instanzen mittlerweile durchlaufen im Vatikan, und der Vatikan hat nun endgültig am 9. November entschieden, er muss sein Priestergewand ausziehen, was er aber, wenn man auf Twitter und YouTube schaut, nicht tut.
DOMRADIO.DE: Vom Vatikan wird Pavone "blasphemische Kommunikation" in den sozialen Medien vorgeworfen. Wie soll man sich das vorstellen?
Prömpers: Er benutzt eine sehr harte Sprache, wenn man auf seinen Twitter-Kanal guckt, gegenüber jenen Bischöfen, die nicht so wie er die Abtreibungsbekämpfung an erster Stelle aller Tätigkeiten stellen und beschimpft sie als nahe zum Teufel und Ähnliches. Und das alles über die Jahrzehnte ist wahrscheinlich dem Vatikan mittlerweile doch zu anstößig gewesen, nachdem der Bischof versucht hat, das zu unterbinden.
Und zweitens: Er hat sich politisch engagiert, nicht nur gegen die Abtreibung, sondern auch im Unterstützungskomitee für Donald Trump im Wahlkampf 2016. Er war Mitglied eines geistlichen Gremiums, das Trump zuarbeitete, vor allem in Richtung einer möglichen Wiederwahl Trumps. Den sahen sie als den Vollstrecker der Möglichkeit, Abtreibung gesetzlich auch endgültig zu verbieten in den USA, wozu die Ernennung von drei Richtern am Obersten Verfassungsgericht gedient hat, die Trump berufen hat.
DOMRADIO.DE: Das zweite, was ihm vorgeworfen wird, ist "fortgesetzter Ungehorsam gegen seinen Bischof". Jetzt ist er ja schon wieder ungehorsam, weil er sein Priestergewand erst mal gar nicht auszieht. Was kann man denn da machen?
Prömpers: Im Grunde wahrscheinlich nicht viel. Er sinkt ab, wenn man so will, in die Illegalität und praktiziert weiter das, was er bisher tut. Er gibt beispielsweise auf seinem Twitterkanal wöchentlich eine Darstellung dessen, was er in der vergangenen Woche gemacht hat, und geht nonchalant immer weiter damit, dass er beispielsweise jeden Morgen um 7 Uhr eine Messe liest, sich dann mit seinen Mitarbeitern trifft und dies und jenes bespricht und vorantreibt.
Und er ist da nicht ganz alleine. Es gibt beispielsweise von fünf Bischöfen in den USA Unterstützung. Mit dabei ist der Bischof Strickland aus Tyler, Texas. Der hat auf Twitter geschrieben: "Die Blasphemie ist, dass ein heiliger Priester rausgeschmissen wird und ein teuflischer Präsident weiter sich weigert, die Wahrheit und den Mord an ungeborenem Leben anzuerkennen. Vatikanische Offizielle fördern Unmoral." Dann müsste man natürlich auch fragen, ob dieser Bischof noch in Übereinstimmung mit dem steht, was Kirche sich vorstellt vom gemeinsamem Umgang miteinander.
DOMRADIO.DE: Was werfen denn diese Gegensätzlichkeiten für ein Licht auf die katholische Kirche in den USA?
Prömpers: Das zeigt einmal wieder die Zerrissenheit innerhalb der katholischen Kirche, die ja auch bei den Wahlen zum Vorsitz vor ein paar Wochen eine Rolle gespielt haben und eine sehr gemischte Erscheinungsweise der amerikanischen Bischofskonferenz gegenüber der Öffentlichkeit ausmachen. Das zeigt aber auch, dass der Vatikan mittlerweile eine klare Kante zeigt und sagt: So weit herabwürdigen lassen wir uns nicht von irgendeinem - in Anführungszeichen - dahergelaufenen Priester, der über elf Jahre von 2011 bis 2022 nicht in der Lage ist, sich ein wenig zurückzunehmen, sondern weiter herum trompetet, beispielsweise auf dem Fernsehkanal EWTN, den wir mittlerweile auch in Deutschland haben, der in Amerika eine große Rolle spielt und ein großes Sammelbecken für all die ist, die gegen die Ideen von Papst Franziskus sind.
DOMRADIO.DE: Da hat der Vatikan also quasi ein Ausrufezeichen hinter den Rauswurf von Frank Pavone gesetzt. Wenn der jetzt aber weitermacht, hat der Vatikan dann eine weitere Handhabe oder muss er zugucken?
Prömpers: Ich glaube, da muss er zugucken. Aber das ist wie mit vielen Dingen, die innerhalb der großen Kirche passieren, weltweit, in allen Erdteilen möchte ich fast sagen, dass natürlich der Vatikan nicht alles kontrollieren kann. Und die Gläubigen, die hinter Pavone hinterherrennen, müssen sich bewusst sein, dass er eigentlich nicht mehr die Messe zelebrieren kann und eigentlich nicht mehr wirklich Hostien weihen kann. Das nehmen sie scheinbar teilweise in Kauf. Auf jeden Fall hat er immer noch über 180.000 Follower auf Twitter und auf YouTube ähnliche Mengen. Also bisher ist da nichts eingebrochen. Der lange Arm des Vatikans kann zwar sagen, er ist nicht mehr Priester, aber wenn Sie auf Twitter oder YouTube schauen oder EWTN, sehen Sie ihn in vollem Ornat.
Das Interview führte Heike Sicconi.