Wie die Arche finanzschwachen Familien die Ferien rettet

"Wir brauchen starke Kinder"

Viele Familien sind in den Sommerferien unterwegs. Doch für einige ist Urlaub nicht finanzierbar. Deswegen organisiert die Arche auch in diesem Jahr wieder kostenlose Ferienangebote für sozial benachteiligte Kinder.

Symbolbild: Kinder bei einer Ferienfreizeit / © Halfpoint (shutterstock)
Symbolbild: Kinder bei einer Ferienfreizeit / © Halfpoint ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Sie erleben in Ihren Einrichtungen, dass viele Kinder aus ihrem aller engsten Umfeld noch nie raus gekommen sind, weil das Geld fehlt. Warum ist das schlimm für die Betroffenen?

Wolfgang Büscher (Pressesprecher "Die Arche"): Kinder müssen Teilhabe lernen. Kinder müssen mal in ein Restaurant gehen oder in ein Hotel. Sie müssen in Urlaub fahren können. Wenn viele unserer Kinder nach Ferienschluss dann wieder in die Schulen gehen müssen, dann haben sie nichts zu erzählen. 

Andere Kinder waren weltweit unterwegs und unsere Kinder können sagen, dass sie zu Hause waren und kein Geld für einen Urlaub hatten. Es ist wichtig, dass Kinder lernen an unserer Gesellschaft teilzuhaben. Wir sprechen von knapp 5 Millionen Kindern, die in Deutschland Anspruch auf das Bürgergeld hätten.

Wolfgang Büscher

"Kinder müssen begeistert werden."

DOMRADIO.DE: Das Stichwort ist Teilhabe. Inwiefern ermöglichen Sie mit Ihren Ferienangeboten diese gesellschaftliche Teilhabe?

Büscher: Ja, wir fahren mit Kindern zum Beispiel auf einem Segeltörn in Kroatien. Das hat die Stiftung von Rae Garvey finanziert. Auch das müssen unsere Kinder lernen, bis an ihre Grenzen zu gehen. Wir fahren mit Kindern in Zeltlagern, wir machen Radtouren. Wir sind mit einer Jugendgruppe in Köln und in Dänemark. 

All das versuchen wir unseren Kindern zu vermitteln. Kinder müssen begeistert werden. Kinder können nicht oft zu Hause sitzen und dann zuschauen, wie Mama und Papa nicht arbeiten gehen. Das ist ganz wichtig. 

Wolfgang Büscher

"Wir müssen Kinder wie Könige und Königinnen behandeln."

Wir haben im Moment bis zu 5 Millionen Bürgergeld Empfängerinnen und Empfänger. Das alles können wir auf Dauer nicht mehr bezahlen. Insofern müssen wir Kinder stark machen. Wir müssen Kinder wie Könige und Königinnen behandeln. 

Wir haben nur eine einzige Ressource in Deutschland und das sind Kinder. Wenn wir die vernachlässigen, wird unser Land irgendwann kaputt gehen.

Wolfgang Büscher

"Denn es kann und darf nicht sein, dass das Glück der Kinder vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist."

DOMRADIO.DE: Wenn sie mit den Kindern unterwegs sind und solche Ausflüge und Reisen unternehmen, wie reagieren die darauf? Was hören Sie von den Kindern?

Büscher: Für die Kinder ist das interessant. Wir fahren zum Beispiel mit Kindern aus ganz Deutschland auf ein Campgelände in der Nähe von Berlin. Da sehen die Kinder zum ersten Mal Kühe, zum ersten Mal Schafe, zum ersten Mal Tiere überhaupt. 

Ein Kind fragte mich im letzten Jahr: Sag mal, Wolfgang, wo muss man eigentlich die kleinen Schafe kaufen? Da sind so viele Schafe. Habt ihr die gerade gekauft? Das heißt, Kinder, die mitten in der Stadt großwerden, wissen überhaupt nicht, wie es auf dem Land aussieht. Das finde ich sehr schlimm. 

Ich sagte es gerade schon: Wir brauchen starke Kinder. Diesen Kindern müssen wir helfen, alle möglichen Dinge zu machen. Wir dürfen sie nicht ausgrenzen, wir dürfen sie nicht vergessen. 

Wir brauchen starke Kinder und das geht nur, wenn die Kinder die Möglichkeiten haben, ähnlich zu leben wie die Kinder aus den bessergestellten Familien. Denn es kann und darf nicht sein, dass das Glück der Kinder vom Geldbeutel der Eltern abhängig ist.

Wolfgang Büscher

"Viele sagen heute schon, dass sie "Bürgergeld werden" wollen wie Mama und Papa auch."

DOMRADIO.DE: Solche kostenlosen Ferienaktivitäten bieten sie bundesweit an?

Büscher:  Wir machen das bundesweit. Wir haben 33 Häuser in ganz Deutschland. Das ist wichtig, dass die Kinder so etwas lernen. Wenn sie das nicht tun, werden sie später uns vergessen, unser Land vergessen und ebenfalls von Bürgergeld leben wollen, weil sie es nicht anders kennen. 

Wenn wir Kinder fragen, was sie später werden wollen, sagen manche Superstar oder Arche-Mitarbeiter. Arche Mitarbeiter finden wir ganz toll. Aber viele sagen heute schon, dass sie "Bürgergeld werden" wollen wie Mama und Papa auch. Das finde ich sehr schade.

Das Interview führte Tim Helssen.

Die Arche

Die Arche engagiert sich besonders für Kinder aus sozial benachteiligten Verhältnissen. Begonnen hat ihre Arbeit 1995 in Berlin auf Initiative von Pastor Bernd Siggelkow. Mittlerweile ist die Arche an 32 Standorten in ganz Deutschland aktiv und erreicht über 6.000 Kinder und Jugendliche mit kostenlosen Angeboten. Weitere Ableger gibt es zudem in der Schweiz und in Polen.

Der Verein „Die Arche - Christliches Kinder- und Jugendwerk e. V.“ ist ein 1995 in Berlin gegründetes evangelisches Hilfswerk, das sich gegen Kinderarmut in Deutschland engagiert.  / © Christian Ditsch (epd)
Der Verein „Die Arche - Christliches Kinder- und Jugendwerk e. V.“ ist ein 1995 in Berlin gegründetes evangelisches Hilfswerk, das sich gegen Kinderarmut in Deutschland engagiert. / © Christian Ditsch ( epd )
Quelle:
DR