Es war Mittwochmorgen in aller Frühe, als José Luis Díaz von seiner Frau geweckt wurde. Erst wenige Stunden zuvor waren er und seine Familie evakuiert worden, weil die immer stärker werdenden Santa-Ana-Winde drohten, die verheeren Feuer auch nach Altadena zu treiben, einer der bürgerlichen Vororte nordöstlich der Millionenmetropole Los Angeles. In aller Eile hatten Díaz und seine Frau das Nötigste zusammengepackt und waren in eine städtische Notunterkunft gefahren.

"Gerade hatte ich auf meiner Pritsche endlich einen kurzen Moment Schlaf gefunden, da klingelte das Handy meiner Frau," erinnert sich Díaz, der seit 15 Jahren ständiger Diakon in der Herz-Jesu-Gemeinde in Altadena ist. "José Luis, unsere Kirche brennt!", rief sie aufgeregt und hätte er nicht sofort reagiert, wäre die Sacred Heart Church vermutlich abgebrannt.
Improvisiertes Löschen
Mit seinem Schwiegersohn Javier und zwei Gemeindemitgliedern eilte er zur Kirche, deren Nachbarhäuser bereits brannten. Erste Flammen breiteten sich bereits auf dem Kirchendach aus. Zum Glück hatte Díaz als Diakon einen Generalschlüssel dabei. Eilig schlossen sie die Türen auf und schleppten eine Leiter, Wasserschläuche und ein Metallrohr aus der Sakristei herbei. "Mein Schwiegersohn kletterte die Leiter hinauf und stieß brennenden Schindeln hinunter", erzählt Díaz sichtlich bewegt. "Und wir schoben die Gartenschläuche in das Metallrohr, weil der Wasserdruck sonst nicht ausgereicht hätte. So konnten wir das Feuer am Ende löschen."
Als Díaz erneut in die Kirche läuft, ist er erleichtert: Zwar ist das Dach an einigen Stellen kaputt und alles ist voller Rauch und Ruß, aber das Allerheiligste ist erhalten geblieben. "Sie sagen, dass etwa 15 Prozent der Kirche zerstört sind", weiß der Diakon heute, "aber das kann man reparieren und es gibt auch keine statischen Probleme." Die acht auf der gegenüberliegenden Straßenseite liegenden Häuser sind vollkommend zerstört, dort explodierte eine Gasleitung.
Gemeinde ist seine zweite Heimat

Die Kirche bedeutet Díaz viel: "Sie ist meine zweite Heimat", sagt er. Seine Stimme stockt, während er mit den Tränen ringt. Vor 45 Jahren kamen er und seine Familie aus dem mexikanischen Guadalajara in die USA. In der Gemeinde fanden sie Anschluss. Dort nahm man sie herzlich auf. Seit 1989 leben sie in Altadena. Dort fand Díaz seine Berufung, engagierte sich in der Gemeinde und ließ sich 2015 zum ständigen Diakon weihen. "Wir haben eine wirklich gute Gemeinschaft, bei uns wird jeder aufgenommen, wir halten zusammen", sagt er, "es ist wie eine Familie!"
Doch die Gemeinde hat es derzeit in alle Richtungen verstreut: Alle wurden Sie zu Beginn der vergangenen Woche evakuiert, einige kamen bei Kindern oder Verwandten unter, andere – so wie José Luis – wohnen mittlerweile im Hotel. "Aber wir sind alle in Kontakt miteinander und es geht allen gut", sagt er. Doch nicht alle werden zurückkommen, manche Gemeindemitglieder haben alles verloren, was sie sich ihr Leben lang aufgebaut haben, erzählt der Diakon. "Es zerreißt mir das Herz, das zu sehen!"
Wie ein Schlachtfeld
Díaz‘ Haus steht noch, das weiß er, aber wann er und seine Familie zurück dürfen, ist noch vollkommen unklar: Alles ist noch voller Rauch und die Nationalgarde hält die Zone abgesperrt. Längst nicht alle Feuer in der Region sind unter Kontrolle und in den kommenden Tagen könnten die gefürchteten Santa-Ana-Winde zurückkehren und die Brände erneut anfachen, warnt der Wetterdienst. Einen Tag, nachdem er das Feuer in der Kirche gelöscht hatte, durfte der Diakon kurz durch Altadena fahren: "Es sah aus wie nach einem Krieg!", erinnert er sich: "Unser Viertel war wie eine Geisterstadt, nur noch Qualm, Asche und Trümmer, aus denen Kamine herausragen. Es war wie ein Schlachtfeld!"
Der Zusammenhalt und die gegenseitige Unterstützung sind groß. Das Erzbistum Los Angeles bietet finanzielle Nothilfen für Betroffene an, um die erste Zeit zu überbrücken. In vielen Gemeinden gibt es Gottesdienste für Betroffene und Angehörige, die Trost spenden sollen. Díaz selbst und seine Frau waren gerade erst in der Kleiderkammer des Roten Kreuzes. Eine Nachbarin brachte ihnen warmes Essen vorbei.

Nur wenige Habseligkeiten konnten der Diakon uns seine Frau mitnehmen, als sie vor den Flammen flohen. Neben etwas Wechselwäsche und den wichtigsten Dokumenten packte er das Stundenbuch und seine Bibel ein. "Sie hat mir in den schwersten Stunden geholfen", sagt er. Gemeinsam haben er und seine Frau immer wieder gebetet. Das gebe ihm Hoffnung. "Gott ist groß und zum Glück sind wir am Leben! Und er wird uns auch die Kraft geben, alles wieder neu aufzubauen". Davon ist der mexikanische Diakon überzeugt. Sein Wunsch: "Betet für uns! Das wird uns helfen, stark zu bleiben und nicht aufzugeben!"