Benediktinerinnen in Tutzing zwischen Abschotten und Helfen

"Wir halten 1,50 Meter Abstand"

Ein Leben in Abschottung, so wünscht es sich der Staat von uns. Den meisten fällt das sehr schwer, nicht aber den Missions-Benediktinerinnen in Tutzing. Die Schwestern arbeiten und beten fast wie immer. Aber sie machen sich andere Sorgen.

Abschottung im Kloster / © AnaBelartPhoto (shutterstock)
Abschottung im Kloster / © AnaBelartPhoto ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wie sieht der Alltag bei Ihnen jetzt aus?

Schwester Ruth Schöneberger (Priorin der Missionsbenediktinerinnen von Tutzing): Wir wissen vom Gemeinschaftsleben her, dass es wichtig ist, sich nicht gegenseitig anzustecken. Das geht ja sehr schnell in einem großen Convent. Wir leben hier zu 65 Schwestern zusammen.

Wir haben uns überlegt, welche vorbeugenden Maßnahmen sinnvoll sind, natürlich Händewaschen und desinfizieren und Abstand nehmen. Das tun wir.

Gleichzeitig haben wir Schwestern, die nicht bei uns hinter den "dicken Klostermauern" sitzen - die hier im Übrigen gar nicht dick sind. Die Mitschwestern arbeiten auch in Kliniken, in der ambulanten Krankenpflege, die gehen raus und kommen möglicherweise mit Krankheitserregern zurück. Da muss man gucken, wie wir damit umgehen.

Wir mussten unser Gästehaus schließen und unser Bildungshaus. Das tut uns jetzt sehr leid, weil gerade in der Fastenzeit noch viele Leute kommen, die sich besinnen oder anschließend auch Ostern feiern möchten. Das werden wir dieses Jahr nicht können. Auch bei unseren Gottesdiensten müssen wir leider die Türe zumachen, was unserer Ausrichtung als Missions-Benediktiner nun mal gar nicht entspricht. Aber ich denke, es ist äußerst sinnvoll, sich jetzt an diese ganzen Regelungen zu halten und zu gucken, dass wir uns möglichst wenig infizieren.

DOMRADIO.DE: Wie gewährleisten Sie zum Beispiel beim Abendessen oder zu Gebetszeiten, dass Sie genügend Abstand halten?

Schöneberger: Man muss einfach immer einen Platz freilassen. Das kann man durchaus machen, wenn man will. Und solange jetzt niemand groß von außen reinkommt, ist das Risiko gering, außerdem halten wir 1,50 Meter Abstand. Das kann man schon machen.

DOMRADIO.DE: Was haben Sie sonst für den Alltag beschlossen? Was ändert sich in diesen Tagen?

Schöneberger: Unser Stundengebet ist Gott sei Dank wie eh und je. Und die Fastenzeit ist ja ohnehin eigentlich eine Zeit, wo man schaut, dass man einiges von den vielen Aktivitäten herunterfährt. Es ist ja auch der Sinn der Fastenzeit. Ich denke, dieses Reduzieren ist auch eine Chance, Leben intensiver wieder wahrzunehmen.

Es gibt hier Gottseidank im Ort ein gutes Miteinander, wo sowohl die Gemeinde wie der Verein auch schauen, wen es jetzt besonders trifft. Man hört ja schon von den Tafeln, dass für die aufgrund von Hamsterkäufen nichts mehr abfällt. Und da gucken wir, wie wir diesen Leuten helfen können. Dasselbe bei Leuten, die allein sind, dass man für die einkauft. Und da werden dann auch Schwestern rausgehen und das tun. Ich denke, das ist auch unsere Aufgabe.

DOMRADIO.DE: Erinnert an die Situation im Mittelalter, wo das Kloster die Mitte der Gesellschaft gewesen ist und die Menschen von dort versorgt wurden.

Schöneberger: Naja, so gerade auch nicht, aber hier am Ort haben wir da Gottseidank ein gutes Miteinander. Das war schon beim Umgang mit Flüchtlingen so und ist immer noch so. Dieses Miteinander ist einfach kostbar, dass man aufeinander schaut, damit jetzt keiner alleine ist. Es wäre auch eine Frage, inwieweit man etwas in Richtung Telefonseelsorge anbietet, wo Leute anrufen können. Die Möglichkeit besteht durchaus.

Ich habe auch lange Zeit Internetseelsorge gemacht. Ich denke, Internet ist auch eine Möglichkeit, ins Gespräch zu kommen und auch über Ängste reden zu können. Wovon ich jetzt nicht gerade so ganz begeistert bin, sind diese Übertragungen von Messen. Ich denke, zu einer Eucharistiefeier gehört auch eine Gemeinde dazu.

DOMRADIO.DE: Sie haben da im Kloster fast schon einen Vorteil gegenüber dem Rest der Gesellschaft.

Schöneberger: Sie haben vollkommen Recht. Sich abzuschotten, das ist kein großes Thema für uns. Aber es geht uns auch nicht nur darum, für uns zu sorgen, dass uns nichts passiert, sondern einfach auch zu gucken, wie geht es Leuten um uns herum, und wie kann man da helfen?

DOMRADIO.DE: Wie sehen die nächsten Wochen bei Ihnen aus? Haben Sie sich schon Gedanken gemacht?

Schöneberger: Ja, hier läuft es weiter. Das ist kein Problem, solange wir von außen noch Lebensmittel kriegen, können wir hier gut weitermachen. Bei einer Gemeinschaft von 65 Schwestern fällt uns vieles ein, was wir so tun können. Vielleicht ist der Schrank mal wieder dran, aufgeräumt zu werden und so manches, zu dem man nie kommt, zu dem kommt man dann vielleicht auch mal während der Coronakrise.

Aber dramatisch wird es dann schon, je nachdem, wie lange unser Bildungshaus geschlossen werden muss, was das an Einnahmeausfällen heißt. Und das werden wir nie mehr aufholen können. Die ganze wirtschaftliche Seite ist für uns alle schon eine heftige Sache.

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.


Quelle:
DR
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