Im Rahmen der Aufarbeitung der Taten sei es wichtig, "nennenswerte Summen" an die Betroffenen zu überweisen, sagte Dill am Samstag bei der Vollversammlung des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (ZdK) in München. Viele Opfer von Missbrauch hätten eine prekäre Berufsbiografie. Die Kirche sollte auch über andere "praktische Dinge" nachdenken, etwa ob sie ihnen Jobs vermitteln könne.
Missbrauchsopfer im Bistum Freiburg erhalten Grundversorgung
Freiburg ist bisher das einzige der 27 Bistümer in Deutschland, das besonders schwer Betroffene mit einer Art monatlicher Grundversorgung von 200 bis 800 Euro unterstützt. Dill ist Geschäftsführerin des Münchner Instituts für Praxisforschung und Projektberatung (IPP), das zuletzt eine Missbrauchsstudie für das Bistum Essen erstellt hatte.
Die Soziologin bezeichnete es als Irrtum, dass mit solchen Gutachten die Aufarbeitung abgeschlossen werden könne. Vielmehr fange der Prozess der Aufarbeitung mit Aufklärungsstudien erst an. "Da stehen alle Bistümer noch ganz am Anfang."
Die Soziologin betonte ferner, wie wichtig es sei, Erinnerungsorte für Missbrauchstaten zu schaffen: "Betroffene müssen einen öffentlichen Raum bekommen, damit sie nicht mehr wieder beschwiegen werden können".
Auch sekundäre Opfer in den Blick nehmen
Stefan Tiefenthaler von der "Initiative Sauerteig" im oberbayerischen Garching an der Alz sagte, nach seiner Schätzung wüssten bis heute 30 bis 50 Prozent der Pfarrgemeinden nicht, ob in ihren Reihen ein Missbrauchstäter gewesen sei. Er regte an, dass alle Gemeinden in Deutschland entsprechende Anfragen an ihre zuständigen Bistumsverwaltungen richten sollten.
Ohne solche Informationen könne kein offenes Gespräch in Gang kommen. In den Gemeinden gebe es außer den direkten Opfern von Missbrauch auch sekundäre Betroffene, die von den Tätern getäuscht worden seien.
In Garching an der Alz gab es bis 2008 mindestens zwei Pfarrer, die als Seelsorger Kinder missbraucht haben.