Ungeachtet verschiedener Liberalisierungen erleben Religionen in China offenbar keinen Zuwachs. Entsprechende Darstellungen ließen sich wissenschaftlich nicht erhärten, heißt es in einem am Mittwoch vorgestellten Bericht des Washingtoner Pew Research Center. Zumindest die formelle Religionszugehörigkeit und Kultpraxis sei seit 2010 generell gleich geblieben und in einigen Fällen eher gesunken.
Umfragen und Erhebungen, die das Institut für seinen 158-seitigen Bericht zur religionssoziologischen Lage in China auswertete, zeigten demnach im vergangenen Jahrzehnt keine signifikante Zunahme des Bevölkerungsanteils von Personen, die sich selbst als Katholiken, Muslime, Protestanten oder Taoisten bezeichnen; der Anteil bekennender Buddhisten ging leicht zurück. Auch die Frömmigkeitspraxis derjenigen, die sich selbst als Religionsmitglieder bezeichneten, zeigte rückläufige Werte.
Offizielle Zahlen sinken
Nach Zahlen des General Social Survey staatlicher chinesischer Universitäten, den der Bericht als Quelle benutzt, gaben im Jahr 2010 insgesamt 12 Prozent der Bevölkerung an, einer Religion anzugehören: 6 Prozent dem Buddhismus, 3 Prozent Volksreligionen, 2 Prozent dem Christentum und 1 Prozent dem Islam. 2018 waren es 10 Prozent, mit einem leichten Rückgang beim Buddhismus. Umfrageergebnisse von 2021, die auf insgesamt 7 Prozent Religionsangehörige kommen, werden wegen der Einschränkungen durch die Corona-Pandemie als möglicherweise nicht belastbar angesehen.
Als statistisch signifikant bezeichnen die Autoren des Berichts hingegen einen Rückgang der religiösen Praxis: Während 2012 noch 11 Prozent aller Befragten angaben, wenigstens einige Male im Jahr an religiösen Handlungen teilzunehmen, waren es sechs Jahre später 6 Prozent. Auch in der Gruppe der Religionsangehörigen ging der Anteil der praktizierenden Gläubigen in dem Zeitraum zurück - von 53 auf 45 Prozent.
Glaube wird nicht weitergegeben
3 Prozent der Erwachsenen erklärten, Religion sei "sehr wichtig" in ihrem Leben; damit belegt China den letzten Platz auf einer Liste von 32 größeren Staaten weltweit. Die Glaubensweitergabe an Kinder fand nur einer von hundert Befragten in China wichtig, ebenfalls der letzte Platz.
Regierungsangaben zufolge stieg laut dem Bericht zwischen 2009 und 2018 die Zahl von Stätten traditioneller chinesischer Religionen - bei buddhistischen Tempeln von 20.000 auf 33.500, bei taoistischen Tempeln von rund 3.000 auf 9.000; auch der Tourismus zu solchen Orten nahm demnach zu. Hingegen blieb nach offiziellen Daten die Zahl katholischer Kirchen (rund 6.000) sowie islamischer Moscheen (35.000) praktisch unverändert, diejenige evangelischer Kirchen stieg leicht von 58.000 auf 60.000. Das amtlich registrierte katholische Personal sank von 8.800 auf 8.000, das protestantische von 37.000 auf 36.000.
Zahl katholischer Gebetsstätten steigt
Wie es jedoch weiter heißt, wuchs seit 2018 die Zahl registrierter katholischer Kirchen und Gebetsstätten auf 6.440. Der Bericht verweist zum einen darauf, dass China und der Vatikan 2018 ein vorläufiges Abkommen über Bischofsernennungen schlossen; zum anderen erinnert er daran, dass sowohl auf katholischer wie auf evangelischer Seite nicht offiziell anerkannte Untergrundkirchen in China existieren.
Generell unterstreichen die Autoren, die Aussagekraft der verfügbaren Daten unterliege Einschränkungen und Konzepte von Religion und religiöser Praxis seien nicht ohne weiteres in westliche Begriffe übersetzbar.