In einem Interview der "Neuen Zürcher Zeitung" (Wochenende) äußerte Schuster Verständnis für die Entscheidung des bayerischen Ministerpräsidenten Markus Söder (CSU), seinen Stellvertreter von den Freien Wählern im Amt zu belassen.
Verständnis für Entscheidung Söders
"Er hatte wohl die Sorge, dass eine Entlassung aus ihm einen Märtyrer machen würde und den Freien Wählern starke Stimmenzuwächse bescheren könnte", sagte Schuster. Vor diesem Hintergrund nannte es der Zentralratspräsident allerdings erschreckend, dass Aiwangers Partei in Umfragen von 11 auf 15 Prozent Zustimmung kletterte. Dies zeige, "dass viele Menschen für die Diskussion, die wir hier führen, kein Verständnis haben". Aiwanger werde offenbar trotzdem als Märtyrer gesehen.
Vor zwei Wochen hatte die "Süddeutsche Zeitung" erstmalig über ein antisemitisches Flugblatt und den Verdacht berichtet, wonach Aiwanger als 17-Jähriger der Autor des Pamphlets gewesen sei, das man damals in seinem Schulranzen gefunden habe. Aiwanger selbst bestreitet dies. Sein Bruder Helmut sagt, er sei der Urheber gewesen. In dem Flugblatt wurde als erster Preis eines fiktiven Wettbewerbs "Ein Freiflug durch den Schornstein in Auschwitz" ausgelobt.
Verlauf der Geschehnisse wirft laut Schuster Fragen auf
Schuster betonte, dass er die Freien Wähler für eine legitime politische Kraft halte. "Ich sehe die Freien Wähler im konservativen Spektrum: eher rechts, aber nicht extrem und auch nicht antisemitisch." Gleichwohl werfe die Haltung Aiwangers in der Flugblatt-Affäre Fragen auf. Er finde es merkwürdig, "dass Hubert Aiwanger die Vorwürfe mehrere Tage vor der Veröffentlichung kannte und dann einen Tag danach sein Bruder aus dem Hut gezaubert wird."
Anfrage für Gespräch
Schuster weiter: "Für mich wäre dieses Pamphlet vielleicht sogar als eine Jugendsünde zu betrachten gewesen - wenn sich Herr Aiwanger sofort klar und glaubhaft vom Inhalt distanziert und seine Beteiligung dargelegt hätte. Was hat ihn damals bewegt? Wo hat er sich vielleicht aus heutiger Sicht gedanklich verlaufen? Diese Klarheit und Aufrichtigkeit hätte ich mir gewünscht. Das hat er aber nicht getan."
Schuster bestätigte der "Neuen Zürcher Zeitung", dass es eine erste Anfrage aus dem Büro Aiwangers gebe, um einen Termin mit ihm zu einer Aussprache zu finden. Er selbst sei zu diesem Gespräch bereit.