Zollitsch: Bundestag soll für Lebensschutz entscheiden - Kritik an Bischof Huber

"Verhängnisvolle Weichenstellung"

Die katholische Kirche warnt vor einer "verhängnisvollen Weichenstellung" bei der Stammzellgesetzgebung. Der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, rief am Donnerstag in Bonn die Abgeordneten des Bundestags auf, eine Liberalisierung der Forschung zu verhindern. Ähnlich hatten sich in jüngster Zeit wiederholt auch andere katholische Amtsträger wie der Kölner Erzbischof Meisner geäußert. Der Vorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Bischof Huber, betonte erneut, er habe bei einer einmaligen Verschiebung des Stichtages keine ethischen Bedenken.

 (DR)

Derzeit dürfen Mediziner in Deutschland an embryonalen menschlichen Stammzellen forschen, die vor 2002 im Ausland entstanden. Am Freitag stimmt der Bundestag über eine Novellierung dieser Regelung ab. Wahrscheinlich ist eine als einmalig deklarierte Verschiebung des Stichtages auf Mai 2007.

Zollitsch äußerte am Donnerstag in einem Interview der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) zugleich deutliche Kritik am Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Bischof Wolfgang Huber. «Ein Bischof ist Bischof, nicht Politiker», sagte er. Huber sei mit seinem Plädoyer für eine Änderung des Stammzellgesetzes zu einem Kronzeugen der Befürworter der Stichtagsverschiebung geworden. Damit habe er dem gemeinsamen Zeugnis der Kirchen für den Lebensschutz keinen Dienst erwiesen. Die katholische Kirche vertrete mit ihrer mahnenden Haltung auch kein katholisches Sondergut.

Weiter warnte Zollitsch davor, Forschungsfreiheit zu Lasten des uneingeschränkten Respektes vor der Menschenwürde hervorzuheben. Ihn irritiere, wie einseitig sich Politiker bei der Betonung der Forschungsfreiheit auf das Grundgesetz beriefen, das zuerst die Menschenwürde betone und der Verfügbarkeit des Gesetzgebers entziehe.

Dabei, so Zollitsch, helfe auch die «gebetsmühlenartige Verabsolutierung» der Parole «Ethik des Heilens» nicht weiter. Man dürfe Leben nicht gegen Leben abwägen. Zollitsch verwies auf immer wieder neue Medienberichte der vergangenen Monate über erfolgreiche alternative Forschungsmethoden. «Das zeigt doch, wie unangebracht diese jetzige Eile ist», meinte er.

Der Bundestag soll entscheiden, ob die Forschung an embryonalen Stammzellen in Deutschland beibehalten, ausgeweitet oder eingestellt werden soll. Derzeit dürfen Forscher in engen Grenzen embryonale Stammzellen verwenden, die vor dem Stichtag 1. Januar 2002 im Ausland entstanden.

Huber: Keine ethischen Bedenken gegen Stichtagsverschiebung
Bischof Wolfgang Huber hat dagegen seine umstrittene Position in der Stammzellforschung verteidigt. Gegen eine einmalige Verschiebung des Stichtags habe er keine ethischen Bedenken, sagte der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) am Dienstagabend in Berlin. Auch Teile der evangelischen Kirche distanzieren sich von Hubers Position.

«Gewisses Spektrum an Meinungen zulässig»
Der EKD-Ratsvorsitzende betonte, die Kirchen müssten akzeptieren, dass es in Fragen der Stammzellforschung ein «gewisses Spektrum» an Meinungen geben könne. Er zog einen Vergleich zur Debatte um Wehrdienstverweigerung. Huber äußerte sich bei einem Besuch der katholischen Kirchengemeinde Maria Gnaden in Berlin-Hermsdorf.

Mehr zum Thema