Kardinal Woelki appellierte in seiner Predigt an die Einheit der Kirche. "Gott schenkt uns die Geburtsstunde der Kirche", sagt er. Doch die scheine es heute nicht leicht zu haben. "Von außen angefochten, scheint sie auch im Inneren zerstritten." Immer deutlicher zeige sich in ihr die Bildung von Parteiungen, die sie zu zerreißen drohten. "Glaubensinhalte finden nicht mehr ungeteilte Zustimmung – bis in den innersten Kern der Kirche hinein." In manchen Diskussionen werde die Kirche auf ihre rein äußere Gestalt reduziert, auf das, was man statistisch erfassen könne. "Oder sie wird nur noch wahrgenommen und gut geheißen, weil man ihr bestimmte soziale Aufgaben und Funktionen zuweist."
Deshalb sei es wichtig zu wissen, was die Kirche sei, mahnte Woelki. "Pfingsten zeigt uns die Wahrheit von der Kirche." Durch die Sendung seines Geistes habe Gott sie ins Leben gerufen, ähnlich wie er das am Anfang mit dem Menschen gemacht habe. "Die Kirche ist also eine lebendige Gemeinschaft, die nicht aus uns heraus entstanden ist." Die Kirche sei göttlichen Ursprungs. "Deswegen können wir mit ihr auch nicht machen, was wir wollen." Sie lebe allein vom und aus dem Heiligen Geist. "Das gilt und galt am Anfang und gilt auch heute für uns."
Mehr als "Menschenwerk"
Der Kardinal sagte weiter: "Deshalb müssen wir auch bei unserem Zukunftsweg, den wir in unserem Erzbistum bestreiten, so peinlich und so genau darauf achten, dass dieser Weg ein zutiefst geistlicher ist. Er trägt dafür Sorge, dass alles, was geschieht, in unseren Strukturen, in unserer Administration, im Miteinander in den Gemeinden, bei der Schwerpunktsetzung in der Pastoral, an unseren Schulen, in unseren Krankenhäusern, in unserem Gespräch über die Größe unserer Pfarrheime, bis in diese Konkretion hinein - dass wir dafür Sorge tragen, das alles, was an Seelsorge in diesem umfassenden Sinn geschieht, von Christus her und auf ihn hin gedacht, entschieden und gelebt wird." Alles andere sei nur Menschenwerk.
"Wir gehören alle zusammen und wir sollen alle füreinander da sein", sagte Woelki. "Wenn sich aber eine Gruppe absondern, und zu einer Kirche in der Kirche entwickeln oder sich überheblich für die besseren Christen halten sollte, dann wäre das nach dem Apostel Paulus ein Zeichen dafür, dass sie nicht vom Geist Gottes geleitet wären, selbst wenn sie sich noch so oft auf ihn berufen würden." Wenn sie sich dagegen einfügten in die kirchliche Gemeinschaft und dem Ganzen dienten, so wie die einzelnen Glieder unseres Leibes dem ganzen Menschen dienten, dann gelte dies als Zeichen, dass sie wirklich vom Geist Gottes geleitet seien.
Kardinal Marx: Christen sollen Hass zurückweisen
Der Münchner Kardinal Reinhard Marx hat zu Pfingsten die Christen aufgerufen, den Geist Gottes in die Welt zu tragen. Gerade Christen sollten ein besonderes Gespür für den Umgang miteinander haben und falsche Werte wie Hass, Abgrenzung oder Urteile über andere zurückweisen, sagte der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz am Sonntag im Liebfrauendom. "Liebe, Langmut, Geduld und Verzeihung sind die Gaben des Heiligen Geistes." Alle Getauften und nicht nur kirchliche Amtsträger seien berufen, den Namen Jesu in der Welt zu verkünden.
Der Geist Gottes trage den Gläubigen auf, offen zu sein für alle Völker, Sprachen und Kulturen, sagte der Kardinal und verwies auf das biblische Sprachenwunder. Wer "in der Spur Jesu" lebe, setze auf "Verstehen, Hören, Austausch". Dabei gelte es, auch das Leid und die Not der Menschen in den Blick zu nehmen. Jesus Christus habe nach seiner Auferstehung den Jüngern seine Wunden gezeigt. Diese Wunden seien "die Wunden der Menschen, die Angst, der Krieg in Syrien, Auschwitz, die Flüchtlinge, die Armen."
Bedford-Strohm bezieht sich auf Kreuz
Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland, Heinrich Bedford-Strohm, bezeichnete das christliche Kreuz als etwas Kostbares. Es sei in den momentanen Identitätsdebatten etwas so Wertvolles, "weil es für die Verwandlung der Logik der Gewalt und der Ausgrenzung in eine Logik der Liebe und der Gemeinschaft steht und genau darin Humanität ausstrahlt".
Bischof Dieser und Erzbischof Becker rufen zu gesellschaftlichen Miteinander auf
Der Geist Gottes könne dazu befähigen, dass Familien, Nachbarschaften, Kollegen, Einheimische und Zugewanderte, Christen und andere Religionen zusammenhalten, sagte Dieser im Pfingstgottesdienst am Sonntag im Aachener Dom. "Der Heilige Geist bringt niemals Menschen gegeneinander auf, sondern macht, dass sie sich wirklich verstehen, respektieren und vertrauen." Nach den Worten Diesers kann der Heilige Geist bewirken, mitmenschlich zu leben und darüber hinaus alles von Gott zu erhoffen. Liebe, Freude, Friede, Langmut, Freundlichkeit, Güte, Treue, Sanftmut, Selbstbeherrschung seien "die wunderbaren menschlichen Erkennungszeichen", die der Heilige Geist zustande bringe.
Auch der Paderborner Erzbischof Hans-Josef Becker mahnte: Menschen lebten heute oftmals nahe beieinander und wüssten doch wenig voneinander. Vielfach herrsche Sprachlosigkeit - trotz der Sehnsucht nach Begegnung. Der Paderborner Erzbischof hob auch die öffentliche Dimension des christlichen Glaubens hervor. Ein Rückzug in ein "innerkirchliches Ghetto" schließe sich aus, betonte Becker. "Als Glaubende stehen wir immer mitten in der Welt: Ein weltfremdes Christsein verbietet sich von selbst."
Limburgs Bischof Bätzing stellt Wirken des Heiligen Geistes in den Mittelpunkt
"Durch den Heiligen Geist schenkt uns der Herr alles, was es zu einem neuen Leben braucht. Und wo diese Gaben wirken, da werden Menschen und da wird die christliche Gemeinde eindeutig in ihrer Ausrichtung auf Gott und seine neue Welt", sagte Bätzing im Limburger Dom. "Heute wie damals, liebe Schwestern und Brüder, finden Menschen, die dem Geist Gottes Raum geben, mehr und mehr zur Eindeutigkeit im Guten", so der Limburger Bischof.
Auf die Bedrohung dieses "Guten" machte der Bamberger Erzbischof Ludwig Schick aufmerksam. Der Erzbischof sieht im Populismus eine große Bedrohung für Einheit und Freiheit. Dieser sei geistlos und zerstörerisch, sagte Schick in Bamberg. "Der Populismus verkürzt die Wahrheit für die eigenen Interessen, die persönlichen, die nationalen und die wirtschaftlichen."
Für den Rottenburger Bischof Gebhard Fürst ist der Heilige Geist eine Kraft, die keine Grenzen kennt und auch in anderen Religionen und Kulturen präsent ist. Der Freiburger Erzbischof Stephan Burger nannte als Beispiele für Versöhnung und Liebe Caritasmitarbeiter in Syrien und andere Helfer. Burger rief außerdem zu der Fähigkeit auf, anderen zu verzeihen.