Die zweite Station seiner Reise, das südöstlich von Bogota gelegene Villavicencio, werde ein guter Ort für einen Appell zum Schutz des Urwalds abgeben, sagte der Vizepräsident der Päpstlichen Lateinamerika-Kommission, Guzman Carriquiry, dem Onlineportal "El Espectador". Der Papst werde dort an seinen Aufruf zur Bewahrung der Schöpfung anschließen, den er gemeinsam mit dem Ökumenischen Patriarchen Bartholomaios I. an die politischen Führer der Welt gerichtet hatte.
Kolumbien besitzt in seinen Urwald-Regionen eine noch größere Artenvielfalt als Brasilien. Rund 90 indigene Völker leben in diesem nordwestlichsten Teil Amazoniens. Von Villavicencio aus könne der Papst eine Botschaft an ganz Lateinamerika richten, da das hier beginnende Amazonas-Tiefland sieben Länder des Kontinents umfasst, so Carriquiry. 17 Prozent der Fläche des auch als "grüne Lunge des Planeten" bezeichneten Urwalds sind heute bereits zerstört.
Zweites großes Thema der Reise
Das Umwelt-Thema sei neben der Versöhnung nach dem Bürgerkrieg das zweite große Thema im Reisegepäck des Papstes, bestätigte auch der Erzbischof von Villavicencio, Oscar Urbina Ortega. Als Vorbereitung auf die Visite sei in seiner Bischofsstadt kürzlich ein Treffen zur Papst-Enzyklika "Laudato si" veranstaltet worden. Dabei sei es darum gegangen, "ein Gefühl für die Erde zu entwickeln, da die Versöhnung im Land von den Opfern und von der Erde ausgeht", sagte der im Juli neu gewählte Vorsitzende der Kolumbianischen Bischofskonferenz zu "Radio Vatikan".
Im Kern sei der Konflikt in Kolumbien eine "Frage des Bodens"; oft gehöre Land mehreren Menschen zugleich, und durch eine Neuverteilung könnte neue Gewalt entstehen, so der Erzbischof. Dass die erste Agrarreform im Land nicht umgesetzt wurde, habe einst zum Zusammenschluss von Kleinbauern (Campesinos) und in der Folge zur Gründung der FARC-Guerilla geführt, erinnerte Urbina.
Die Kirche könne auch insofern zu Gerechtigkeit beitragen, als ihre Taufakten oft die einzigen Belege dafür seien, dass eine bestimmte Familie bereits über Jahrzehnte an einem bestimmten Ort lebt. Für die Campesinos, die 80 Prozent der kolumbianischen Bevölkerung ausmachen, müsse die Kirche ihre soziale Rolle noch besser entwickeln als bisher, so der Erzbischof selbstkritisch; bisher sei es "eher um Fürsorge" gegangen.
Indigenen-Verband sieht Papstbesuch als Chance
Bei einem Versöhnungsgottesdienst mit Papst Franziskus wollen Kolumbiens Ureinwohner für die Opfer des jahrzehntelangen Bürgerkriegs auch auf die indigene Geschichte im Land aufmerksam machen. Wie der Nationale Indigenenverband ONIC der Katholischen Nachrichten-Agentur (KNA) mitteilte, werden den Papst an diesem Freitag 102 Indigene am Fuß des Atriums in Villavicencio erwarten. Sie symbolisierten die Zahl jener 102 indigenen Völker, die es vor Eintreffen der Europäer in Kolumbien gegeben habe.
Die 102 indigenen Repräsentanten stehen den Angaben zufolge auch für die Opfer, die der bewaffnete Konflikt zwischen Guerilla, Paramilitärs und Armee in den vergangenen Jahrzehnten unter der indigenen Bevölkerung kostete. Rund vier Prozent der 49 Millionen Einwohner Kolumbiens gehören indigenen Ethnien an.
Der Besuch von Papst Franziskus sei eine Gelegenheit, die Lage der indigenen Bevölkerung und "unsere Unterstützung für den Aufbau von Frieden und nachhaltiger Umwelt" zu verdeutlichen, heißt es in der ONIC-Erklärung. Vielfalt und Reichtum der indigenen Kultur seien der großen Mehrheit der kolumbianischen Gesellschaft unbekannt; die indigene Bevölkerung lebe unter schwierigen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bedingungen.