Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, zog bereits an diesem Freitag eine vorläufige Bilanz. Er machte deutlich, dass er die laut gewordene Kritik wegen zu gering ausfallender Besucherzahlen bei einem Höhepunkt des Festjahres - der Weltausstellung Reformation - für zu kurzsichtig hält. Er äußerte sich dankbar über ein "friedliches und weltoffenes" Reformationsjubiläum.
Viele Veranstaltungen im Angebot
Der bayerische Landesbischof verwies auf Tausende Veranstaltungen überall in Deutschland - viele davon nicht so öffentlichkeitswirksam wie etwa die Weltausstellung und der große Kirchentag im Mai in Berlin und Wittenberg.
Bedford-Strohm erinnerte unter anderem an die gut besuchten Vorstellungen des Pop-Oratoriums "Luther", die Veranstaltungen insbesondere für Jugendliche in Wittenberg, den Versöhnungsgottesdienst mit der katholischen Kirche in Hildesheim oder den Erfolg des Playmobil-Luthers.
"Keine naive Begeisterung"
Seine Bilanz sei gedeckt von vielen Erfahrungen von Menschen vor Ort und keine "naive Begeisterung", sagte der Repräsentant der rund 22 Millionen deutschen Protestanten. Auch wenn er sich mehr verkaufte Tickets bei der Weltausstellung gewünscht hätte, müsse man doch anerkennen, dass es nötig sei, Dinge auszuprobieren und zu wagen, sagte er. Bei der Weltausstellung waren 294.000 Eintritte gezählt worden.
"Da, wo wir rausgegangen sind, war es voll, waren Menschen neugierig, wo wir nicht erwartet haben, dass sie zu uns kommen", bilanzierte Bedford-Strohm. Bündnisse mit anderen, etwa Kultureinrichtungen oder Gottesdienste auf Marktplätzen hätten Menschen angelockt.
Die Zivilgesellschaft sei im Jubiläumsjahr zahlreich eingebunden gewesen, sagte Bedford-Strohm und entgegnete damit indirekt der Kritik des Geschäftsführers des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, der der EKD vorgeworfen hatte, sie habe die organisierte Zivilgesellschaft nicht genügend berücksichtigt.
Welche Konsequenzen werden gezogen?
Welche Konsequenzen diese Erkenntnis für die Zukunft der evangelischen Kirche hat, wollte Bedford-Strohm nicht vorwegnehmen. Das Thema beschäftigt die EKD-Synode in diesem Jahr. Bei der Tagung des Kirchenparlaments Mitte November in Bonn werde zudem gründlich Bilanz zum Reformationsjubiläum gezogen, kündigte Bedford-Strohm an.
Der Ratsvorsitzende betonte zudem, es sei gelungen, ohne nationalistische und anti-katholische Stoßrichtung zu feiern. Die evangelische Identität lebe nicht aus der Abwertung der anderen, sagte er. Die EKD hatte sich vorgenommen, den 500. Jahrestag des überlieferten Thesenanschlags von Martin Luther (1483-1546), international und ökumenisch mit den anderen christlichen Konfessionen zu feiern. Luthers Anstöße für Veränderungen in der damaligen römischen Kirche waren die Grundlage für die weltweite Reformation und hatten die Spaltung in evangelische und katholische Kirche zur Folge.
Vertrauen zwischen Protestanten und Katholiken gewachsen
Bedford-Strohm sagte, dass das gegenseitige Vertrauen zwischen Protestanten und Katholiken in diesem Jahr gewachsen sei. Nach Äußerungen des katholischen Kölner Erzbischofs Rainer Maria Woelki, der kürzlich zunehmende ethische Differenzen zwischen den beiden großen Kirchen beklagt und sich skeptisch über konkrete Fortschritte etwa in Richtung eines gemeinsamen Abendmahls geäußert hatte, mahnte Bedford-Strohm zu weiterer Geduld. Man dürfe wegen der ablehnenden Stimmen keinen Trotz haben. Er sehe weiter "echtes Potenzial" in der Ökumene und plädiere dafür, im Dialog zu bleiben.
Am Reformationstag (31. Oktober) sind zum Finale des Reformationsjubiläums mehrere Festgottesdienste in Wittenberg geplant. In einem wird Bedford-Strohm selbst predigen. Am Abend soll es dort unter anderem einen staatlichen Festakt geben, zu dem unter anderem Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) erwartet werden.