DOMRADIO.DE: Kardinal Schönborn hat zuletzt für Schlagzeilen gesorgt als er sich im Zuge der Amazonas-Synode vor wenigen Tagen für verheiratete Priester ausgesprochen und zugleich das Zölibat verteidigt hat. Spielte diese Debatte bei den Bischöfen eine Rolle?
Klaus Prömpers (Journalist): Zu seinem Bedauern, wenn man so will, denn er war einer der fünf Kardinäle aus Europa, der an der Amazonas-Synode teilgenommen hat. Er hat natürlich umfassend darüber unterrichtet und dabei unter anderem auch mitgeteilt, dass die Amazonas-Synode dem Papst vorschlägt, im Amazonasgebiet die Möglichkeit zu schaffen, verheiratete Männer zu Priestern zu weihen, wenn sie denn bereits vorher aktiv in der Kirche tätig gewesen sind.
Er legt selber größeren Wert auf die Feststellung, dass es in dieser Frage um das Klima ging und es im Grunde Not und Aufschrei der Kirche war. Wenn nicht bald etwas mit dem Klimawandel geschehe, sei es irgendwann zu spät. Das hätte er dort durch die lateinamerikanischen Bischöfe und die Experten gelernt, die dort zu Rate gezogen worden waren.
DOMRADIO.DE: Aktive Sterbehilfe war auch ein Thema. Davor warnen die Bischöfe in Österreich, sprechen sich aber gleichzeitig deutlich für den Schutz ungeborenen Lebens aus. Sie warnen vor einem Rechtfertigungsdruck. Was genau meinen sie damit?
Prömpers: Sie haben den Eindruck – und der ist natürlich nicht ganz unberechtigt – in der Öffentlichkeit könne immer stärker der Eindruck entstehen, dass sich kranke Menschen im hohen Alter wünschen, ihrem Leiden ein Ende bereiten zu können. Dem setzt die Bischofskonferenz die verstärkte Hilfe für die Hospizbewegung entgegen, die es in Österreich bereits seit Längerem gibt.
Ergänzend dazu will sie auch ein Programm gegen die Einsamkeit auflegen, was es wohl in Deutschland in Teilen schon gibt. Die gibt es ja nicht nur bei alten, sondern auch bei jungen Menschen.
DOMRADIO.DE: Die Frage nach der Zulassung von Frauen zum geweihten Amt wurde ebenfalls diskutiert. Wie genau wurde darauf geschaut?
Prömpers: Da gibt es zwei Ansatzpunkte. Zum einen gibt es den Ansatzpunkt, dass man prüfen wird, ob man Frauen die Möglichkeit zum Diakonat eröffnet. Das steht ja auch im Dokument der Amazonas-Synode. Der Papst wird das also auch überprüfen müssen. Das zweite und wichtigere für das Amazonas-Gebiet und sicherlich mit Auswirkungen für Europa ist, dass Frauen in Leitungsgremien der Pfarreien tätig sein dürfen und sollen. Das heißt, im Grunde dort, wo kein Pfarrer ist, können auch Frauen bestimmte Ämter und die Leitung einer Pfarrei übernehmen.
Den Priestern sind die sakralen Handlungen vorbehalten. Ich habe Kardinal Schönborn gefragt, warum das so sei. "Im Moment kann man mehr nicht denken, weil die Kirche nicht so weit ist", verwies er auf die Entscheidung von Papst Johannes Paul II., der die Weiterbehandlung von Frauenordination vor etlichen Jahrzehnten abgelehnt hat. Umstritten in der Kirche ist, wie verbindlich diese damalige Aussage des alten Papstes heute noch ist.
DOMRADIO.DE: Was haben Sie insgesamt für einen Eindruck? Wie einig oder vielleicht auch uneinig sind sich die Bischöfe bei all diesen Fragen?
Prömpers: Wenn man in die verhältnismäßig kleine Bischofskonferenz in Österreich schaut, ist sie sich wesentlich einiger als die deutsche. Mehrere Bischöfe in Österreich vertreten die Ansicht, dass verheiratete Männer zu Priestern geweiht werden sollten. Und zwar nicht nur im Amazonasgebiet, sondern möglicherweise auch hier in Europa, sprich in Österreich. Mehrere Bischöfe sagen, dass die Frauenfrage endlich angegangen werden muss, ohne dass sie fordern, dass übermorgen schon alles entschieden sein muss.
Beispielsweise sagen der Bischof von Linz oder der Bischof von Feldkirch, dass etwas geschehen und den Frauen mehr Verantwortung übertragen werden muss. Das sagt auch Kardinal Schönborn. Da ist eine große Einigkeit. Das ist eine erstaunliche Leistung von Schönborn, der jetzt 28 Jahre Bischof ist und als solcher Ruhe in diese Kirche gebracht hat. Sie war in der Vergangenheit sehr gebeutelt worden, durch Missbrauchsfälle bis in die bischöflichen Ämter hinein.
Aufzuräumen gilt jetzt noch die Causa Alois Schwarz, jener Bischof, der von Klagenfurt nach Sankt Pölten versetzt worden ist. Ihm werden finanzielle Missfälligkeiten vorgeworfen, die noch nicht geklärt sind. Man rechnet nach Aussagen des Nuntius bis Ende des Jahres damit, dass es einen neuen Bischof in Klagenfurt und vielleicht auch eine Entscheidung über die Zukunft von Alois Schwarz geben wird.
DOMRADIO.DE: Oft werden Kardinäle ja auch noch mal in eine Verlängerung geschickt. Wie wird das bei Kardinal Schönborn sein, der im Januar kommenden Jahres die Altersgrenze von 75 Jahren erreicht und dementsprechend sein Rücktrittsgesuch einreichen muss?
Prömpers: Er hat jetzt die Amazonas-Synode zum Anlass genommen, den Papst persönlich seinen Rücktritt sozusagen kichensatzungs- und kirchenrechtsgemäß anzubieten. Er würde wohl auch gerne privatisieren, so lässt er immer wieder hören und schreibt das auch. Ebenso würde er gerne wieder als Professor tätig werden und sich aus dem tagesaktuellen Geschäft zurückziehen. Aber viele Beobachter rechnen damit, dass gerade in dieser noch etwas volatilen Situation, möglicherweise noch ein oder zwei Jahre verlängert wird, wenn sein Gesundheitszustand es zulässt. Danach sah es heute eigentlich aus.
DOMRADIO.DE: Die deutsche Kirche beginnt jetzt bald mit dem sogenannten Synodalen Weg der Kirche. Sind solche oder vielleicht ähnliche Reformbemühungen bei den österreichischen Bischöfen zu erwarten?
Prömpers: Das hat es ja in der Vergangenheit bereits gegeben. Sowohl auf diözesaner Ebene als auch überdiözesaner Ebene gab es Dialogprozesse, die auch zu etwas geführt haben. Insofern sind die österreichischen Bischöfe und die österreichischen Katholiken ein wenig den deutschen Katholiken voraus. Das hängt jetzt wesentlich davon ab, wie weit der Synodale Weg in Deutschland führen wird.
Der Gesprächprozess, der vor fünf Jahren in Deutschland zu Ende gegangen war, war ja relativ ergebnislos. Man muss ja erst einmal sehen, ob das Zentralkomitee in diesem Monat dem jetzigen Statut zustimmen und sich auf den Prozess einlassen wird. Ebenso wird man am Ende Bilanz ziehen müssen. Werden Dinge beschlossen, die verbindlich für alle werden? Die Crux dabei ist ja immer, dass jeder Diözesanbischof sagen kann – wie zum Beispiel der Passauer Bischof – das geht mich alles nichts an und passiert bei mir nicht.
Das Interview führte Verena Tröster.