DOMRADIO.DE: Dass das NRW-Gesundheitsministerium grünes Licht gegeben hat, sodass die Umzüge stattfinden können, ist ein ganz wichtiger erster Schritt, oder?
Dr. Dominik Meiering (Kölner Domkapitular und leitender Pfarrer der Kölner Innenstadtgemeinden): Absolut, wir sind sehr froh, denn wir glauben, dass Sankt Martin auf keinen Fall ausfallen darf. Wenn man zumindest mit 300 Personen ohne Hygiene-Konzept gehen darf, dann ist das schon ein Riesenschritt – wir freuen uns sehr darauf. In der Kölner Innenstadt haben wir über 25 Martinszüge, die natürlich ganz unterschiedlich sind und die auch auf unterschiedliche Art und Weise begangen werden.
DOMRADIO.DE: Muss man Abstriche machen in diesem Jahr?
Meiering: Natürlich, das geht nicht so wie sonst. Wir haben mit der Polizei, mit dem Gesundheitsamt, mit den Schulen und den Kindergärten zusammengesessen und wir sind die unterschiedlichen Varianten durchgegangen. Es ist nicht so einfach, ein einziges Konzept zu finden. Viele sagen: Wir müssen eben dieses Jahr ein bisschen anders feiern. Die meisten werden keinen klassischen Zug machen.
Es gibt unterschiedliche Varianten wie die Zuschauer auf der Straße stehen und der Martin an ihnen vorbeireitet. Oder man begeht das Fest nur in der Kirche. Oder man steht als Zuschauer nur am Feuer und so weiter. Die Kunst besteht darin, das so zu gestalten, dass Sankt Martin stattfindet - auch unter veränderten Bedingungen.
DOMRADIO.DE: In den Kölner Innenstadtgemeinden sind es 25 Martinsumzüge. Laufen bei Ihnen die Fäden zusammen?
Meiering: Nein, das wird immer vor Ort verhandelt. Das finde ich auch richtig. Denn ein Kindergarten oder eine Schule überlegen, ob sie in diesem Jahr den Martinszug machen wollen und können das mit ihren Kindern, die sowieso beieinander sind, organisieren. Vielleicht ist da dieses Jahr nicht immer das Pferd dabei, aber der Martin geht mit. Wenn das auch nicht möglich ist, weil es zu viele Kinder sind, kann man immerhin miteinander das Martinsfest in der Schule oder im Kindergarten feiern.
Wir wissen, dass viele Kindergärten das so machen, dass die Kinder selbst das Martinsfest spielen. Ich finde, das ist der entscheidende Punkt. Die Kinder müssen den Heiligen Martin nahegebracht bekommen. Sie müssen von Martin erzählt bekommen, sie müssen den Heiligen Martin feiern. Der Martin ist ein Prototyp für den Menschen, der teilt.
Wie lernen Kinder denn, dass es wichtig ist zu teilen? Doch nur von den Eltern und Geschwistern. Es kommt also darauf an, dass das eine wichtige Haltung des Menschseins ist. Und neben diesen Figuren gibt es den Heiligen Martin als eine beispielhafte, prototypische Figur, die dazu noch ein katholischer Heiliger ist – aber eigentlich universal für alle Menschen gültig ein Mensch ist, der teilt.
Dass diese Botschaft herübergebracht wird, ist wichtig. Viel wichtiger als die Frage, ob der Martinszug jetzt genauso stattfindet, wie er im letzten Jahr stattgefunden hat, und ob man dabei eine Laterne in der Hand hält oder eben nicht.
Das Interview führte Verena Tröster.