"Den Kirchen insgesamt sollte inzwischen klar sein, dass Schweigen, Leugnen, Herumlavieren ihre Glaubwürdigkeit unterhöhlen", schrieb die frühere Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der "Bild am Sonntag".
Käßmann zitierte den früheren anglikanischen Erzbischof und Friedensnobelpreisträger Desmond Tutu, der mit Blick auf die Apartheidverbrechen in Südafrika gesagt habe, Versöhnung sei nur möglich, wenn die Opfer gehört würden und die Täter ihre Schuld vor den Opfern bekennten. "Das ist ein langer und schmerzhafter Prozess", so die Theologin. "Der kann nicht verordnet werden. Er will durchlitten sein." Es gehe "nicht um herablassendes Verständnis, sondern um Begegnung auf Augenhöhe".
Konflikte nicht unter den Teppich kehren
Als Reaktion auf das Grußwort des päpstlichen Botschafters Nikola Eterovic zum Beginn der Frühjahrsvollversammlung der katholischen deutschen Bischöfe in dieser Woche mahnte Käßmann dazu, Konflikte nicht unter den Teppich zu kehren. "Wie sollen denn Opfer den Mut finden, darüber zu sprechen, welches Leid sie erlitten haben, wenn unter dem Deckmantel 'brüderlicher Liebe' Vertuschung das Wort geredet wird", schrieb sie.
Eterovic hatte gesagt, dass Krisen im Allgemeinen eine Chance darstellten, der Konflikt jedoch negativ bleibe, weil er die Menschen in Sieger und Besiegte, in "liebenswerte Freunde und zu bekämpfende Feinde" einteile. Für die kirchliche Gemeinschaft sei der Konflikt "besonders schädlich", weil er den Sinn für die Einheit zerstöre.