Die faire Produktion von Gütern wird in Industrieländern zunehmend zum Kaufkriterium. So fordern längst nicht mehr nur Hilfsorganisationen und Kirchen von deutschen Unternehmen, auf die Einhaltung menschenrechtlicher Mindeststandards bei der Herstellung zu achten. Wohlstand und Gewinn auf Kosten der Ausbeutung Schwächerer ist für sie untragbar. Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet deutsche Unternehmen nun erstmals zur Einhaltung solcher Standards entlang der Produktionskette, angefangen bei den Arbeitsbedingungen in Entwicklungs- oder Schwellenländern. Die wichtigsten Inhalte kurz erklärt:
Was soll ein Lieferkettengesetz bewirken?
Es soll zu mehr Schutz von Menschen und Umwelt in der globalen Wirtschaft führen. Dazu zählen das Verbot von Kinderarbeit, Ausbeutung, Diskriminierung und fehlende Arbeitsrechte. Die Umwelt spielt nur eine Rolle, wenn etwa durch vergiftetes Wasser oder Luftschadstoffe Menschenrechte verletzt werden und die Gesundheit gefährdet wird.
Für wen gelten die Auflagen?
Zunächst sollen sie zunächst nur für größere und große Unternehmen gelten: Ab 2023 für rund 700 Unternehmen mit mehr als 3.000 Mitarbeitern und im Jahr darauf für rund 2.900 Unternehmen mit mehr als 1.000 Mitarbeitern. Anschließend soll dies evaluiert werden.
Was verlangt das Gesetz?
Die Sorgfaltspflichten sind abgestuft und berücksichtigen etwa den Einfluss, den ein Unternehmen auf mögliche Verursacher hat. Im eigenen Geschäftsbereich und beim unmittelbaren Zulieferer müssen Unternehmer eine Grundsatzerklärung zur Achtung der Menschenrechte verabschieden, das Risiko möglicher Verletzungen von Menschenrechten analysieren und negativen Folgen vorbeugen oder diese beseitigen. Angestellte sollen Beschwerdemöglichkeiten erhalten. Beim mittelbaren Zulieferer gelten die Sorgfaltspflichten nur, wenn das Unternehmen Kenntnis von möglichen Verstößen erhält.
Muss ein Unternehmen bei Menschenrechtsverletzungen haften?
Wie bisher gilt die zivilrechtliche Haftung nach deutschem und ausländischem Recht. Das Gesetz umfasst aber keine neuen zivilrechtlichen Haftungsregelungen. Sollten schwerwiegende Menschenrechtsverletzungen innerhalb einer gesetzten Frist nicht erfolgreich beseitigt werden, ist ein Abbruch der Geschäftsbeziehungen geboten.
Wer überprüft die Einhaltung?
Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle soll die Einhaltung gewährleisten, indem es die Unternehmensberichte kontrolliert. Bei Verstößen sind Bußgelder möglich. Bei schwerwiegenden Verstößen können Unternehmen bis zu drei Jahre von der öffentlichen Beschaffung ausgeschlossen werden. Betroffene können ihre Recht vor deutschen Gerichten geltend machen oder beim Bundesamt einreichen. Ferner dürfen Nichtregierungsorganisationen und Gewerkschaften Betroffene vor deutschen Gerichten unterstützen.
Wo langen die politischen Herausforderungen?
Das Gesetz ist ein Kompromiss zwischen Entwicklungs- und Bundesarbeitsministerium einerseits und dem Bundeswirtschaftsministerium andererseits. Es soll den Schutz der Menschenrechte verbessern, aber zugleich die Wirtschaft nicht überfordern oder ihre Wettbewerbsfähigkeit schmälern. Zugleich wird eine EU-weite Regelung angestrebt, für die das deutsche Gesetz als Blaupause dienen soll. Das dürfte aber noch einige Zeit dauern.
Was sind die wesentlichen Einwände aus der Wirtschaft?
Einige Unternehmen begrüßen eine solche Reglung. Verbände und Branche befürchten aber eine Überforderung durch mehr Kosten und Bürokratie, warnen vor Wettbewerbseinbußen und fordern deshalb eine abgeschwächte EU-weite Regelung.
Wo sehen Menschenrechts- und Entwicklungsorganisationen die Schwächen?
Sie begrüßen die Regelung als ersten Schritt, bezweifeln aber die Wirksamkeit. Wesentliche Einwände betreffen die Beschränkung auf größere Unternehmen, da vor allem Zulieferer kleinerer und mittelständische Betriebe als menschenrechtlich problematisch gelten. Kritisch wird die Abstufung der Verantwortung gesehen und vor allem das Fehlen einer neuen zivilrechtlichen Haftungsregelungen gesehen.