Wie das Caritas Therapiezentrum Geflüchteten hilft

"Sie müssen uns nicht vertrauen"

Nach langer Flucht endlich am Ziel und doch völlig verloren: Oft brauchen Geflüchtete psychologische Beratung. "Sie haben in der Regel Verfolgung erlebt", sagt die Leiterin des Kölner Caritas Therapiezentrums und erklärt, wie konkret geholfen wird.

Viele Migrantinnen und Migranten suchen Hilfe bei der Caritas / © BlurryMe (shutterstock)
Viele Migrantinnen und Migranten suchen Hilfe bei der Caritas / © BlurryMe ( shutterstock )

DOMRADIO.DE: Wer sind die Menschen, die bei Ihnen Rat und Hilfe suchen? Welche Schicksale müssen Sie verarbeiten? 

Claudia Schedlich (Leiterin des Caritas Therapiezentrum für Menschen nach Folter und Flucht in Köln): Die Menschen, die bei uns beraten und behandelt werden, das sind Menschen, die im Heimatland in der Regel Verfolgung erlebt haben, aus unterschiedlichsten Gründen:aus politischen Gründen, ethnischen Gründen, aufgrund ihrer geschlechtlichen Identität oder sexuellen Orientierung. Diese Menschen haben häufig sehr viel Gewalterfahrung im Heimatland erleben müssen. Auf der Flucht haben sie aufgrund dieser wirklich sehr belastenden Erfahrung dann häufig auch psychische Folgeerkrankungen entwickelt. 

DOMRADIO.DE: Diese Schutzsuchenden kommen aus sehr unterschiedlichen Kulturkreisen. Gibt es da unterschiedliche Reaktionen auf das Erlebte? 

Schedlich: Es gibt jetzt nicht sehr kulturspezifische, emotional unterschiedliche Reaktionen. Es ist häufig eher ein Unterschied im Gefühlsausdruck. Das macht den Unterschied aus. Egal in welcher Kultur Menschen verortet sind, können sie Menschen aus anderen Kulturkreisen gut diagnostizieren – etwa indem wir kultursensibel fragen, Trauma sensibel fragen, ganz dezidiert nachfragen, wie die Menschen sich fühlen, was sie erlebt haben, wie ihre emotionalen Reaktionen sind. 

DOMRADIO.DE: Wie schaffen Sie es, dass die Menschen Ihnen dann ihr Vertrauen schenken? 

Schedlich: Indem wir zunächst einmal nicht erwarten, dass sie uns vertrauen. Diese Menschen haben so viel intendierte Gewalt erlebt durch andere Menschen, dass ihr Grundvertrauen in die Sicherheit und in soziale Systeme erst einmal erschüttert ist. Sie müssen uns nicht vertrauen, das ist nicht notwendig. Aber dadurch, dass sie über die Zeit bemerken, dass sie sich auf uns verlassen können, dass wir parteilich für sie arbeiten, dass wir uns bemühen, ihre Anliegen voranzubringen, dass wir sie in asylrechtlichen Fragestellungen und auch Verfahren unterstützen – all diese Dinge schaffen Vertrauen – können sie sich ganz vorsichtig und Schritt für Schritt bei uns auch etwas sicherer fühlen. 

DOMRADIO.DE: Jeder Einzelne von uns kann sicherlich dazu beitragen, dass so ein Vertrauen wachsen kann in der neuen Heimat. Wie können Sie diesen Menschen bei der Caritas helfen? 

Schedlich: Auf ganz unterschiedlichen Wegen. Ein wichtiger Bestandteil unseres Zentrums und unserer Arbeit ist die sozialarbeiterische Unterstützung für die Menschen: sie wirklich dabei zu begleiten, in asylrechtlichen Fragestellungen weiterzukommen. Sie beim dem Thema Wohnung und Gesundheitsfürsorge zu unterstützen, aber auch dabei, sich hier überhaupt zurechtzufinden, die Wege zu kennen, auch implizit Normen und Regeln zu kennen, die sie noch nicht verstehen.

Natürlich helfen wir dann im ganzen Bereich der psychologischen Beratung, der traumazentrierten Fachberatung und der psychotherapeutischen Behandlung – wenn Menschen wirklich eine Folgestörung und Traumafolgestörung entwickelt haben. Wir machen viele Gruppenangebote. Es ist häufig hilftreich für die Menschen, die sehr alleine oder isoliert sind oder einen Bruch mit ihren Familien haben, sich auch mit anderen Migrantinnen und Migranten zu vernetzen. 

Das Interview führte Katharina Geiger. 


Quelle:
DR
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