Wie aus einer Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linksfraktion im Bundestag hervorgeht, wurde 2021 nur in neun Kirchenasyl-Fällen die Entscheidung zur Überstellung in einen anderen EU-Mitgliedstaat zurückgenommen. In 529 Fällen wurde entschieden, das sogenannte Selbsteintrittsrecht nicht auszuüben. Kirchengemeinden und die bei ihnen Schutzsuchenden hatten damit in weniger als zwei Prozent der Fälle mit ihrer Bitte um Anerkennung eines Härtefalls Erfolg.
Insgesamt 822 Kirchenasyl-Fälle in 2021
Der Antwort aus dem Bundesinnenministerium zufolge, die dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt, wurden dem Bundesamt 2021 insgesamt 822 Fälle von Kirchenasyl gemeldet. In 623 Fällen legten die Gemeinden ein Dossier vor, wie es die vor einigen Jahren zwischen Kirchen und Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) geschlossene Vereinbarung vorsieht. Die noch nicht entschiedenen Fälle sind entweder noch in Bearbeitung oder haben sich auf andere Weise erledigt.
Die weit überwiegende Zahl der Fälle betraf die Bitte, nicht in einen anderen EU-Staat zurückgeschickt zu werden. Die Dublin-Regelung sieht vor, dass Schutzsuchende in dem Mitgliedstaat das Asylverfahren erhalten und untergebracht werden, über den sie in die EU gekommen sind. Nur 17 Fälle hatten den Angaben zufolge keinen Dublin-Bezug. Dort drohte demzufolge die Abschiebung ins Heimatland.
Abgeordnete: Bamf missachtet humanitäre Interessen
Das Bamf behandelt Kirchenasyle bereits seit einigen Jahren besonders restriktiv. 2020 endeten acht von mehr als 300 Kirchenasylen mit einer nachträglichen Korrektur. Die Linken-Abgeordnete Clara Bünger kritisierte die Entscheidungspraxis. "Kirchenasyl wird nicht leichtfertig gewährt, im Gegenteil", sagte sie.
Das Bundesamt missachte humanitäre Interessen. Sie forderte die neue Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) dazu auf, den Bamf-Präsidenten Hans-Eckhard Sommer anzuweisen, zu einem "sorgsamen Umgang mit Kirchenasyl-Fällen zurückzukehren".