Der Bundesgerichtshofs (BGH) hatte Mitte Juni entschieden, dass die Schmähplastik nicht entfernt werden muss. "Zugleich machten die vorausgehende Verhandlung sowie viele Einzelgespräche, öffentliche Wortmeldungen und begleitende Briefwechsel klar, dass eine deutlichere Distanzierung der Kirchengemeinde vom Antisemitismus der Plastik nötig ist", erklärte der Vorsitzende des Gemeindekirchenrates, Jörg Bielig, am Freitag in Wittenberg. Auch ein "Ortswechsel" der Plastik werde von der Kirchengemeinde nicht ausgeschlossen.
Die "Judensau" ist in etwa vier Metern Höhe angebracht. Dargestellt ist eine als Rabbiner karikierte Figur, die den Schwanz eines Schweins anhebt und das im Judentum als unrein geltende Tier von hinten betrachtet. Zwei weitere als Juden gezeigte Figuren saugen an den Zitzen. Eine vierte Figur hält Ferkel von der Muttersau fern.
Vom Schandmal zum Mahnmal
Durch eine Bodenplatte und eine Schrägaufsteller unterhalb des Reliefs wurde nach Überzeugung der Richter am BGH das Schandmal in ein Mahnmal umgewandelt. Dabei gehe es um die Erinnerung an die jahrhundertealte Diskriminierung und Verfolgung von Juden bis hin zum nationalsozialistischen Völkermord. In Europa gibt es geschätzte 50 weitere ähnliche Darstellungen an Kirchen.
Bielig erklärte, eine textliche Neufassung der Erklärungstafel wurde bereits beschlossen. "Die Neugestaltung des Aufstellers ist jedoch nur ein erster Schritt, dem weitere folgen müssen, um dieser in Stein gehauenen Beleidigung aller Juden und ihres Glaubens einen deutlicheren und sichtbareren Ausdruck für die christliche Umkehr von Judenfeindlichkeit entgegenzusetzen." Am 25. Juli trete zum ersten Mal nach dem BGH-Urteil der Beirat zur "Stätte der Mahnung" wieder zusammen, um Handlungsempfehlungen zu erarbeiten und der Kirchengemeinde konkrete Vorschläge zur Umsetzung zu unterbreiten.