Flüchtlingsbischof kritisiert Abschiebungen nach Pakistan

"Unmenschlich und beschämend"

Abschmelzende Gletscher und starke Regenfälle sorgen in Pakistan für katastrophale Überschwemmungen, über 1000 Menschen sind gestorben. Deutschland schiebt weiter dorthin ab. Der evangelische Flüchtlingsbeauftragte ist empört.

Jungen waten durch ein überschwemmtes Gebiet am Rande von Quetta. Bei schweren Regenfällen im Südwesten Pakistans sind mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. / © Arshad Butt/AP (dpa)
Jungen waten durch ein überschwemmtes Gebiet am Rande von Quetta. Bei schweren Regenfällen im Südwesten Pakistans sind mindestens neun Menschen ums Leben gekommen. / © Arshad Butt/AP ( dpa )

DOMRADIO.DE: Zehntausende Quadratkilometer Land wurden in Pakistan überflutet. Vieles wurde zerstört. Millionen Menschen sind betroffen. Es klingt eigentlich logisch, dass man dorthin dann keine Menschen mehr schicken sollte. Warum denken Sie, hat Deutschland nicht aufgehört, Menschen nach Pakistan abzuschieben?

Landesbischof Christian Stäblein / © Frank Senftleben (epd)
Landesbischof Christian Stäblein / © Frank Senftleben ( epd )

Dr. Christian Stäblein (Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz): Aus meiner Sicht ist es einfach unmenschlich und beschämend für uns, in dieses Land abzuschieben. Deswegen fordern wir im Moment so laut und vereint, die Abschiebungen zu stoppen. Man muss sich das nochmal klar machen: 30 Millionen Menschen sind im Moment in Pakistan direkt von dieser Flut betroffen. Etwa ein Drittel des Landes ist auch weiterhin von den Flutschäden betroffen. Man muss sich das so vorstellen, als würden wir ins Ahrtal abschieben wollen. Genau so, nur auf einer riesigen Fläche, sind die Schäden in Pakistan. Wir müssen anfangen zu begreifen, dass die Folgen der Klimakatastrophe immer öfter zu Punkten werden, die eben auch einen Fluchtgrund begründen.

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DOMRADIO.DE: Pakistan ist ein großes Land. Pakistanerinnen und Pakistaner erhalten eine Ablehnung ihres Asylantrags, weil Deutschland meint, es gäbe noch alternative, sichere Aufenthaltsorte im Land. Könnte man argumentieren, dass es ja doch Gebiete gibt, die von den Fluten gar nicht betroffen sind?

Stäblein: Natürlich gibt es auch Gebiete, die nicht betroffen sind. Wir reden jetzt, nachdem wir eben die großen Zahlen benannt haben, über ganz kleine Zahlen. Wir haben im Moment etwa 1500 Asylanträge aus Pakistan, davon werden leider die allerwenigsten anerkannt und davon wird zum Teil auch in diese betroffenen Gebiete abgeschoben. Ich denke, es macht keinen Sinn, dass wir auf der einen Seite unsere humanitäre Hilfe für das Land Pakistan erhöhen, dann aber gleichzeitig Menschen in diese Gebiete wieder abschieben und den Pakistanern sagen: 'Ihr könnt sie in eurem Land ja woanders hinschicken. Und dafür leisten wir humanitäre Hilfe.' Das ist aus meiner Sicht keine sinnvolle Logik. Für mich müssen die Menschlichkeit, die Menschenwürde und das Eintreten für diese Menschenwürde ganz vorne stehen.

DOMRADIO.DE: Schauen wir auch noch auf ein anderes Land, auf den Iran. Da gibt es aktuell Demonstrationen für mehr Rechte und viele fordern jetzt einen Stopp aller Abschiebungen dorthin. Wie sehen Sie das?

Stäblein: Es gibt schon einige Bundesländer, die nicht mehr in den Iran abschieben. Der niedersächsische Innenminister hat das gerade kundgetan, ebenso Nordrhein-Westfalen. Wir sehen im Moment täglich die Bilder, die Gewalt, mit der dort ein Regime gegen Demonstrantinnen und Demonstranten vorgeht und deren Tod in Kauf nimmt. In einer solchen Situation verbietet es sich, in ein solches Land abzuschieben.

DOMRADIO.DE: Müsste die Bundesrepublik einheitlichere Regeln festlegen, wann in Länder abgeschoben werden kann und wann nicht? Oder sollte es immer eine Einzelfallentscheidung sein, wie geeignet ein Land ist?

Stäblein: Nein, das sollte keine Einzelfallentscheidung sein. Die Bundesbeauftragte fordert das ja, gerade mit Blick auf den Iran. Ich denke, wir brauchen einheitliche Regeln, einheitliche Standards. Ich will aber auch einmal dazu sagen, dass ich sehr froh darüber bin, dass wir in allen Bundesländern ein System haben, welches am Ende Härtefälle immer wieder neu überprüft. Das ist das Mindeste, was wir an Standards brauchen. Aber natürlich brauchen wir auch einheitliche Regeln für alle.

Das Interview führte Floran Helbig.

 

Quelle:
DR
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