Weggefährtin Bodes analysiert den Bischofs-Rücktritt

"Hoher Respekt und zugleich auch Trauer"

Der Osnabrücker Bischof Bode ist zurückgetreten, sein Gesuch wurde von Rom angenommen. Doch was bleibt nach dem Rücktritt? Die Einschätzung einer Weggefährtin Bodes, der Theologie-Professorin Dorothea Sattler.

Bischof Franz-Josef Bode und Theologin Dorotea Sattler / © Max von Lachner (SW)
Bischof Franz-Josef Bode und Theologin Dorotea Sattler / © Max von Lachner ( SW )

DOMRADIO.DE: Die Reaktionen am Wochenende schwanken: Die einen bezeichnen den Rücktritt als richtigen Schritt. Andere sagen, dass er viel zu spät kam. Wo ordnen Sie sich da ein?

Dorothea Sattler / © Lars Berg (KNA)
Dorothea Sattler / © Lars Berg ( KNA )

Dorothea Sattler (Professorin für Dogmatik und ökumenische Theologie an der Universität Münster): Ich denke, dass nur Bischof Bode selbst einschätzen kann, wie sein Schritt begründet ist. Es wird viele Motive bei ihm geben.

Das erste, was ich empfunden habe, war hoher Respekt und zugleich auch Trauer. Denn wir haben eine hohe Kraft von ihm erlebt, auch intellektuelle Kraft, auch Durchsetzungsvermögen. Und das wird uns fehlen.

Wie geht es weiter nach dem Bischofs-Rücktritt im Bistum Osnabrück?

Nach dem Rücktritt von Bischof Franz-Josef Bode wird das Bistum Osnabrück wohl länger auf einen neuen Bischof warten müssen. Bei den anstehenden Schritten und der Wahl eines Nachfolgers kommt dem Domkapitel eine Schlüsselrolle zu. Das Gremium aus acht Priestern wählt am Montagabend zunächst einen sogenannten Diözesanadministrator. Am Dienstag will das Bistum voraussichtlich über die Personalie informieren. Dieser Übergangsverwalter leitet die Diözese, darf allerdings keine grundlegenden Veränderungen vornehmen.

Osnabrücker Dom / © Tobias Arhelger (shutterstock)

DOMRADIO.DE: Sie hatten in den vergangenen Monaten und Jahren wirklich intensiv mit Bischof Bode zu tun. Kam dieser Schritt jetzt für Sie überraschend? Haben Sie in den letzten Monaten mal irgendwann mit Bischof Bode über dieses Thema gesprochen?

Sattler: Ja, wir haben darüber gesprochen, in aller Vertrautheit. Er hat einen kleinen Kreis wissen lassen, wenige Tage davor, dass diese Entscheidung in Rom jetzt getroffen worden ist, damit wir darauf vorbereitet sind. Wir haben darüber gesprochen, aber natürlich in aller Verschwiegenheit.

Es ist auch in ihm gewachsen in diesen Wochen, und er hat sich sehr eigenständig beraten lassen, in der Komplexität seiner persönlichen Situation entschieden. Ich bin auch traurig darüber und zugleich denke ich, er wird es richtig entschieden haben.

DOMRADIO.DE: Im September, nachdem die Missbrauchsstudie vorgestellt wurde, hat er einen Rücktritt noch ausgeschlossen mit dem Argument, er könne dann am System nichts mehr ändern. Das kann er jetzt ja auch nicht mehr.

Sattler: Er hat ja in seiner Begründung selbst gesagt, er hat noch Weichen gestellt. Das war ihm wichtig. Es war auch ein inneres Ringen bei ihm und er hat dann immer mehr gemerkt, das hat ihn auch besonders getroffen, dass das Vertrauen seiner engsten Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen gerade in der Pastoral in Osnabrück bröckelte. Das hat ihn sehr bewegt. Und dann hat er in aller Konsequenz nochmal neu überlegt.

DOMRADIO.DE: Es gibt einige Stimmen, die in dem Rücktritt eine Schwächung der Reformkräfte in der deutschen Kirche sehen. Gucken wir mal auf Kardinal Woelki zum Beispiel. Er ist eher konservativ und wartet seit über einem Jahr auf eine Reaktion zu seinem Rücktrittsgesuch. Gehen Sie da mit oder wird da einfach zu viel reininterpretiert?

Sattler: Eine Schwächung ist das auf jeden Fall. Aber es sind ja einige Bischofsstühle jetzt neu zu besetzen und ich hoffe erstmal darauf, dass auch nicht zuletzt durch die informelle Mitwirkung von Laien die Besetzung so erfolgen wird, dass auch Reformkräfte wieder heranwachsen oder ins Amt kommen. Ich gehe auch davon aus, dass Bischof Bode auch auf seinen Wegen noch beratend tätig sein wird. Aber gewiss, es ist eine Schwächung der Reformkräfte.

Dorothea Sattler (Professorin für Dogmatik und ökumenische Theologie an der Universität Münster):

"Es ist eine Schwächung der Reformkräfte."

DOMRADIO.DE: Zum Schluss noch einmal persönlich gefragt: Wie haben Sie Bischof Bode als Menschen erlebt? Gibt es da ein Verhältnis, das sich in den letzten drei Jahren enger entwickelt hat, während Sie mit ihm beim Synodalen Weg zusammengearbeitet haben?

Sattler: Ja, gewiss. Wir haben auch einen Weg miteinander versucht. Es ist Vertrauen gewachsen. Wir haben dann oft abends telefoniert. Ich hatte seine private Handynummer, er war für mich immer erreichbar. Und wir haben ja sicher von Beginn an auch eine gemeinsame Grundüberzeugung gehabt, dass es notwendig ist, zu argumentieren.

Unsere Thematik war, dass Frauen in alle Dienste und Ämter kommen können. Es gab also eine hohe Übereinstimmung im theologischen Bereich und eine Zuverlässigkeit im Gespräch und bei der Leitung des Forums.

Das Interview führte Oliver Kelch.

Quelle:
DR
Mehr zum Thema