Darin verweist Overbeck auf die Bedeutung der Diplomatie und das Nachdenken über Exit-Strategien - "getragen von der Überzeugung, dass schon im Krieg der künftige Friede vorbereitet werden muss".
Zwar seien die Zielinteressen Russlands und der Ukraine völlig entgegengesetzt, so Overbeck. Ein Ende der Kampfhandlungen scheine illusorisch. Doch um Tod und Zerstörungen Einhalt zu gebieten, seien Initiativen anderer Staaten für Verhandlungen und die Suche nach gesichtswahrenden Kompromissen notwendig, schloss sich der Bischof einem Plädoyer des Philosophen Jürgen Habermas an.
Der "gerechte Frieden"
Nach den Worten von Overbeck führt der Krieg in der Ukraine neuerlich die Spannung zwischen gewaltfreiem Handeln und der Möglichkeit legitimer Gewaltanwendung vor Augen. Diese Spannung bleibe charakteristisch für die katholische Friedensethik und könne nicht einseitig aufgelöst werden. "Der 'gerechte Friede' lässt sich weder als unbedingter Pazifismus noch als kriegsbegeisterter Militarismus angemessen beschreiben."
Pazifistische Positionen könnten nicht nur in ihrer radikalen Form vertreten werden, führt Overbeck aus. "Das Prinzip der Gewaltfreiheit kann mit der Pflicht konkurrieren, Menschen davor zu schützen, massivem Unrecht und brutaler Gewalt ausgeliefert zu sein", zitiert er aus dem im Jahr 2000 veröffentlichten Hirtenwort "Gerechter Frieden" der deutschen Bischöfe.
Waffenlieferungen blieben ein Übel, seien aber zur Notwehr in einer extremen Gefahrenlage moralisch vertretbar, schreibt Overbeck. Eine Friedensethik fordere jedoch, die Folgen von Waffenlieferungen abzuwägen und regelmäßig zu überprüfen sowie Alternativen zu suchen.