Zu Besuch auf einer Kloster-Baustelle

"Mit einem Akku-Schlagbohrhammer kommt man hier nicht weit"

Seit 2018 gibt es in Neuzelle eine Niederlassung von Zisterziensermönchen aus Österreich. Das Problem: In den vorhandenen Gebäuden gab es keinen Klausurbereich. Daher wurde ein Klosterneubau beschlossen.

Autor/in:
Rocco Thiede
Blick auf die Klosteranlage Neuzelle / © Patrick Pleul (dpa)
Blick auf die Klosteranlage Neuzelle / © Patrick Pleul ( dpa )

"Wir platzen gerade wirklich aus allen Nähten", berichtet Pater Kilian Müller, der Subprior der Zisterziensermönche in Kloster Neuzelle. "Wir haben noch zwei junge Mitbrüder, die zur Formation in Heiligenkreuz sind, die sind immer in den vorlesungsfreien Zeiten hier und dafür haben wir jetzt eine kleine Wohnung angemietet, weil wir keinen Platz mehr haben", schildert der Ordensmann, der als Ökonom die Finanzen im Blick hat.

Neben Pater Simeon, dem Prior, also Leiter des Klosters, gehört Pater Kilian seit fünf Jahren zur Stammbesatzung in Neuzelle. Zwar verließen zwei seiner Gründungsmitbrüder bereits wieder Brandenburg und gingen zurück ins Mutterkloster in den Wienerwald, aber schnell gab es andere Mönche die in den Osten Deutschlands, an die Oder wollten.

Pater Kilian Müller auf der Klosterbaustelle / © Rocco Thiede (DR)
Pater Kilian Müller auf der Klosterbaustelle / © Rocco Thiede ( DR )

Aktuell wohnen sieben Mönche in Neuzelle, plus die neuen Anwärter, die beide aus den neuen Bundesländern kommen: einer aus Mecklenburg-Vorpommern, einer aus Brandenburg. Sie fanden über das Internet und Instagram die Angebote der Mönche sehr spannend. Für die jungen Männer bieten sich hier Alternativen zum Leben in einer Welt, die in vielen Dingen aus den Fugen zu geraten scheint. Das Klosterleben bietet eine Auseinandersetzung mit philosophisch-theologischen Themen. Wer sucht, wird vielleicht dort fündig und erhält Antworten auf seine Sinnsuche. So fragt Pater Kilian: "Wo ist da ein Aufbruch in einer schwierigen Situation, für die Kirche und für die theologische Landschaft in Deutschland?"

Fehlende Ruhe und Klausur

Leider fanden die Ordensleute im über 750 Jahre alten Kloster Neuzelle nicht die für sie notwendige Ruhe. Es fehlt der für Fremde unzugängliche Klausurbereich, der für ein Leben im Kloster zwingend notwendig ist. Zudem gehört der Kirche hier kein einziges Gebäude. Alles ist im Besitz der Stiftung Stift Neuzelle. Deshalb ist die Wiederbesiedlung des historischen Klosters Neuzelle zeitlich befristet. Die Mönche bauen nun in einem Waldstück im zehn Kilometer entfernten Treppeln ein neues Kloster. Es wird Maria Friedenshort heißen.

Zisterzienser und Trappisten

Die Zisterzienser gehören zu den strengsten Orden der katholischen Kirche. Benannt ist der benediktinische Reformorden nach dem 1098 gegründeten Kloster Citeaux bei Dijon. Die hierarchisch-feudale Gliederung unter ein Mutterkloster wie Cluny lehnten die Zisterzienser ab; jedes Kloster ist völlig selbstständig.

Die Betonung von Handarbeit, Bodenkultur, Rodung und Landwirtschaft gaben dem Orden nicht zuletzt eine große Bedeutung bei der deutschen Ostsiedlung. Ortsbezeichnungen wie "-roda" oder "-rod" (Volkenroda, Himmerod) deuten oft auf Zisterzienser-Gründungen hin.

Zisterzienser-Mönche: Die Trappisten sind aus ihnen hervorgegangen / ©  Katharina Ebel (KNA)
Zisterzienser-Mönche: Die Trappisten sind aus ihnen hervorgegangen / © Katharina Ebel ( KNA )

Den Kaufvertrag für über 200.000 Euro für das 75 Hektar große Grundstück haben sie unterschrieben. Auf der heruntergekommenen Immobilie unterhielt zu DDR-Zeiten die Staatssicherheit ein geheimes Areal. In der Vergangenheit, noch bevor die Mönche Treppeln für sich endeckten, trafen sich hier gelegentlich einige Rechte und Nazis, wie SS-Runen und andere Schmierereien zeigten. Durch die Mönche scheint dieser Spuk vorbei zu sein. Sie sind mittlerweile Eigentümer des Grundstücks.

Auf dem historischen Gelände in Neuzelle wohnen die Ordensleute im ehemaligen Haus des katholischen Ortspfarrers. Es ist eine vorrübergehende Mönchs-WG. In der sehr reich dekorierten, barocken Marienkirche singen sie jeden Tag insgesamt fast dreieinhalb Stunden lang ihre Gebete.

Neuigkeiten in den Klostermuseen

In den beiden Klostermuseen, die von der Stiftung Stift Neuzelle betrieben werden, gibt es seit kurzem auch Veränderungen. So wurden in einigen der historischen Räume der Klosteranlage die Dauerausstellung aktualisiert. Man erfährt, nun auch Hintergründe zur Säkularisation im 19. Jahrhundert, den unterschiedlichsten Bildungsangeboten bis zur Nazi-Zeit (Napola) und der kommunistischen Ära, wo es hier parallel zur Priesterausbildung auch eine sozialistische Lehrerbildungsstätte gab.

Im Kreuzgang der Klosteranlage gibt es unter spätgotischen Gewölben einen geschichtlichen Abriss mit vielen authentischen Ausstellungstücken zur Klostergeschichte einerseits und zur Ausbreitung der Zisterzienser im Mittelalter andererseits. Im historischen Kutschstallgebäude befindet sich das Museum „Himmlisches Theater“ das neue, frisch restaurierte szenischen Darstellungen der Leidensgeschichte Jesu in Form lebensgroßer barocker Theaterkulisse präsentiert. Aber zurück zum Projekt des Klosterneubaus.

40 Tonnen Müll

"Baufortschritt ist im Moment Rückbaufortschritt", erklärt der Pater auf der Baustelle in Treppeln, wo es an einem schlichten Holzkreuz gelegentlich schon Andachten unter freiem Himmel gab. Das bedeutet, "je weniger man im Moment an Gebäuden sieht, desto besser sind wir schon vorangekommen". Wir schauen in eine tiefe Grube, wo bis vor einigen Wochen noch Teile des ehemaligen Hauptgebäudes standen.

Noch lässt sich schwer erkennen, wie es hier einmal aussehen soll / © Rocco Thiede (DR)
Noch lässt sich schwer erkennen, wie es hier einmal aussehen soll / © Rocco Thiede ( DR )

Beim Rundgang mit Pater Kilian auf der Baustelle des zukünftigen Zisterzienserklosters Maria Friedenshort, sehen wir Bagger, Container, Berge von Bauschutt, alte Autoreifen und insgesamt 26 Baugruben. "Es ist ein langer Weg gewesen: über ein Jahr an Abrissarbeiten. Wir hatten über 40 Tonnen Müll hier rausgeholt. Da war sehr viel Beton verbaut. Die Stasi hat da aus dem Vollen geschöpft. Da brauchten wir schon schweres Gerät, und mit einem Akku-Schlagbohrhammer kommt man hier nicht weit", scherzt der Mönch.

Inflation und Ukraine-Krieg betreffen auch die Mönche

Durch den Krieg in der Ukraine und die Inflation ist es auch für die Zisterzienser bei ihrem Bauvorhaben nicht einfacher geworden. Kilian Müller erklärt: "Die Last wird nicht unbedingt leichter. Das man auf Grund der Entwicklung, die keiner vorhersehen konnte, manche Sachen etwas langsamer angehen muss, das ergibt sich von alleine. Da sind wir bei weitem nicht die einzigen, die davon betroffen sind. Das hier ist ein Werk Gottes und alles geht in seinem Tempo", meint der Mönch. Aktuell läuft die Umschreibung im Grundbuch. Im Laufe des Jahres soll es noch eine symbolische Schlüsselübergabe für das Gelände mit der Brandenburgischen Kultusministerin Manja Schüle geben.

An Spendern und Unterstützern für das neue Kloster scheint es bisher nicht zu mangeln. Einige helfen bei Arbeitseinsätzen, andere mit Geld: "Wir merken schon, dass dieser Klosterneubau im deutschsprachigen Raum immer bekannter wir", sagt Pater Kilian stolz.

Doch wann werden die Mönche ihr neues Kloster beziehen können? Weil die Zisterzienser mit ihrer aktuellen Wohnsituation am Limit sind, wird es in Etappen gehen und mit vorrübergehenden Lösungen. Zum Abschied betont der Mönch Kilian Müller: "Ich bin zuversichtlich, dass wir im Laufe der nächsten anderthalb, zwei Jahre mit einer provisorischen Lösung beginnen können, in die wir dann auch umziehen, um den Betrieb aufzunehmen."

Quelle:
DR