Israelischer Minister will Herrschaft über Tempelberg

"Zeigen, dass wir regieren"

Israels Minister für nationale Sicherheit, der Rechtsradikale Itamar Ben-Gvir hat israelische Souveränität auf dem Tempelberg in Jerusalem gefordert. Juden haben dort zudem öffentlich gebetet, was dem geltenden Status Quo widerspricht.

Jerusalem im Abendlicht mit Blick vom Ölberg auf den Tempelberg / © privat (DVHL)
Jerusalem im Abendlicht mit Blick vom Ölberg auf den Tempelberg / © privat ( DVHL )

"Dies ist der wichtigste Ort für das israelische Volk, an den wir zurückkehren müssen, um zu zeigen, dass wir regieren", sagte Ben-Gvir laut Medienberichten am Donnerstagmorgen bei einem Ortsbesuch zum jüdischen Fast- und Gedenktag Tischa beAv.

Aufruf zu Geschlossenheit

Während seines Besuchs rief der für sein polarisierendes und offensives Auftreten bekannte Politiker zu Geschlossenheit auf. An diesem Tag und Ort sei es wichtig, sich daran zu erinnern, "dass wir alle Brüder sind. Rechts, links, religiös, säkular. Wir sind alle dieselbe Nation. Und wenn ein Terrorist aus dem Fenster schaut, macht er keinen Unterschied zwischen uns", so Ben-Gvir.

Es ist sein dritter Besuch an der umstrittenen Heiligen Stätte seit Amtsantritt der Regierung vor rund sieben Monaten. Neben Ben-Gvir besuchte laut Berichten auch der Minister für Entwicklung in Negev und Galiläa, Jitzchak Wasserlauf, am Donnerstagmorgen die Heilige Stätte.

Gedenken an die Zerstörung der Tempel

Am neunten Tag des jüdischen Monats Av (Tischa beAv), der in diesem Jahr am Mittwochabend begann, gedenken Juden der Zerstörung des ersten Tempels im Jahr 586 vor Christus durch die Babylonier sowie des zweiten Tempels im Jahr 70 nach Christus durch die Römer. Tausende Juden werden an diesem Tag auf dem Tempelberg erwartet.

Seit Mittwochabend ist die israelische Polizei mit einem massiven Aufgebot in und um die Jerusalemer Altstadt im Einsatz. Am Abend wurden zeitweise Hauptstraßen in der Stadt gesperrt, nachdem rechtsnational-religiöse Gruppen mit Flaggen von Westjerusalem zur Altstadt zogen.

Aktuell dürfen nur Muslime dort öffentlich beten

Am Donnerstag wurden laut Polizeiangaben 16 jüdische Besucher am Tempelberg festgenommen, da sie gegen die Besuchsregeln verstoßen und den Anweisungen der Beamten nicht Folge geleistet hätten.

Israelische Medien berichteten, die Männer hätten an der Stätte prosterniert [im religiösen Sinn "niederwerfen"]. Zwei weitere Personen wurden demnach wegen Störung der öffentlichen Ordnung festgenommen.

Der geltende Status quo gestattet Nichtmuslimen den Besuch auf dem Tempelberg, arabisch Haram al-Scharif; öffentliches Gebet ist Muslimen vorbehalten.

Vorgehen gegen Palästinenser

Palästinensische Medien berichteten unterdessen, die israelische Polizei gehe verstärkt gegen palästinensische Besucher der Stätte vor, darunter mit Ausweiskontrollen und kurzzeitigen Festnahmen von Besuchern.

Der Tempelberg ist für Juden, Muslime und Christen eine wichtige Heilige Stätte. Bis zur Zerstörung durch die Römer im Jahr 70 befand sich an dieser Stelle der jüdische Tempel, zentrales Heiligtum Israels.

Zahlreiche biblische und religiöse Überlieferungen wie die Erschaffung Adams und Evas, die Opferung Isaaks oder aufseiten des Islam die Himmelsreise Mohammeds sind mit dem Ort verbunden.

Viele offene Fragen nach Beginn des Justizumbaus in Israel

Im Streit um den Justizumbau in Israel wird das von dem Regierungsvorhaben selbst betroffene Oberste Gericht des Landes zunächst nicht eingreifen. Es werde sich erst im September mit Petitionen gegen ein im Zuge der umstrittenen Reform jüngst verabschiedetes Gesetz befassen, berichteten Medien am Mittwoch. Die Richter verzichteten demnach darauf, anders als von einer Petition gefordert, das Gesetz direkt einzufrieren. Auch am Mittwoch kam es gegen den Justizumbau landesweit wieder zu Demonstrationen.

Demonstration gegen die geplante Justizreform nahe der Knesset, Sitz des israelischen Parlaments, in Jerusalem / © Andrea Krogmann (KNA)
Demonstration gegen die geplante Justizreform nahe der Knesset, Sitz des israelischen Parlaments, in Jerusalem / © Andrea Krogmann ( KNA )
Quelle:
KNA