Wohnungslosen-Vertretung will Türen für ihre Themen öffnen

Wohnungslosigkeit bis 2030 abschaffen

Die bundesweite Selbstvertretung wohnungsloser Menschen (SwM) möchte bei einer Tagung auf die Lage von Betroffenen aufmerksam machen. Schwerpunkte sind Mobilität, Gesundheitsversorgung, das Recht auf Wohnen und wohnungslose Frauen.

Autor/in:
Susanne Schröder
Obdachloser Mann / © Halfpoint (shutterstock)

"Wir wollen bei dem Treffen unsere Positionspapiere noch bekannter machen und in Kommunal- und Bundespolitik Türen für unsere Themen öffnen", sagte Dirk Dymarski von der SwM dem Evangelischen Pressedienst (epd). Etwa 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer aus dem deutschsprachigen Raum werden zu der Tagung vom 6. bis 12. August in der Diakonie Herzogsägmühle im oberbayerischen Peiting erwartet.

Schwerpunkte der Tagung sind unter anderem Fragen der Mobilität und der Gesundheitsversorgung, das Recht auf Wohnen und die Situation wohnungsloser Frauen. Als Referenten werden unter anderem der stellvertretende Präsident des Bezirks Oberbayern, ein Vertreter aus dem Bundesministerium für Wohnen und Experten aus dem Raum der Diakonie erwartet. Das Wohnungslosentreffen wird von der Aktion Mensch finanziert. Es findet 2023 zum siebten Mal statt. Der Verein "Selbstvertretung wohnungsloser Menschen" wurde 2019 gegründet und hat seinen Sitz im niedersächsischen Freistatt (Landkreis Diepholz).

Obdachloser vor einem Bahnhof / © Arne Dedert (dpa)
Obdachloser vor einem Bahnhof / © Arne Dedert ( dpa )

"Nationale Aktionsplan Wohnungslosigkeit"

Im Fokus der diesjährigen Tagung steht laut SwM-Sprecher diesmal der "Nationale Aktionsplan Wohnungslosigkeit", mit dem das Bundesministerium für Wohnen die Obdachlosigkeit in Deutschland bis 2030 überwinden will. Angesichts der aktuellen Situation auf dem Wohnungsmarkt halte er diesen Zeitplan für "zu ambitioniert", sagte Dymarski, der selbst seit 20 Jahren von Wohnungslosigkeit betroffen ist und vier Jahre auf der Straße gelebt hat. Das Bundestreffen sei jedoch eine gute Gelegenheit, "die Agenda 2030 auf kommunaler Ebene zu debattieren".

Politische Aufmerksamkeit nutzen

Ziel der Selbstvertretung sei es, politische Aufmerksamkeit zu wecken – erste Treffen mit Bauministerin Klara Geywitz (SPD) oderBundespräsident Frank-Walter Steinmeier verbuche der Verein als Erfolg. Jetzt wünsche man sich, "dass Landtage und Ministerienwohnungslose oder ehemals wohnungslose Menschen als Experten einladen", erläuterte Dymarski.

Der 47-Jährige lebt nach eigenen Angaben derzeit in einer Übergangswohnung des diakonischen Trägers "Bethel im Norden" in Freistatt. Dort lerne er mit sozialpädagogischer Unterstützung, seinen Haushalt zu führen und seine Finanzen im Griff zu halten. "20 Jahre Wohnungslosigkeit hinterlassen Spuren, das kann man nicht mit einem Schlag überwinden", sagte Dymarski. Die Arbeit in derSelbstvertretung gebe ihm neues Selbstbewusstsein: "Noch vor ein paar Jahren habe ich die Zähne nicht auseinander gekriegt – dass ich jetzt mit Bundespolitikern diskutiere, hätte ich nie für möglich gehalten."

Wohnungslosigkeit in Deutschland und Europa

372.000 wohnungslose Menschen leben in Deutschland aktuell in Einrichtungen der Kommunen und der FreienWohlfahrtspflege. Diese Zahl hat das Statistische Bundesamt Anfang August bekannt gegeben. Damit hat sich die Zahl der Wohnungslosen gegenüber dem Vorjahr mehr als verdoppelt (2022: 178.000). Dieser Anstieg ergebe sich zum Teil aus einer verbesserten Datenlage sowie aus dem Zuzug von geflüchteten Ukrainern und Ukrainerinnen, teilt die Diakonie Deutschland mit. 35 Prozent aller untergebrachten wohnungslosen Personen kämen aus der Ukraine.

SKM Köln hilft Obdachlosen / © Dutchmen Photography (shutterstock)
SKM Köln hilft Obdachlosen / © Dutchmen Photography ( shutterstock )
Quelle:
epd