Bestatter Kuckelkorn fordert Konsequenzen nach Grabschändung

"Das ist verachtenswert"

Unbekannte haben das Grab des CDU-Politikers Wolfgang Schäuble angegriffen. Fällt das in die Reihe der neusten Übergriffe auf Politiker? Für den Bestatter Christoph Kuckelkorn war das mehr als eine Störung der Totenruhe.

Grabkreuz von Wolfgang Schäuble / © Philipp von Ditfurth (dpa)
Grabkreuz von Wolfgang Schäuble / © Philipp von Ditfurth ( dpa )

DOMRADIO.DE: Ein 1,20 Meter tiefes Loch wurde am Grab von Schäuble entdeckt, wobei man wohl nicht bis zum Sarg durchgedrungen ist. Wie bewerten Sie diese Grabschändung als Bestatter?

Christoph Kuckelkorn / © Henning Kaiser (dpa)
Christoph Kuckelkorn / © Henning Kaiser ( dpa )

Christoph Kuckelkorn (Bestatter): Bei den gesellschaftlichen Veränderungen der vergangenen Monate wundert einen eigentlich gar nichts mehr. Dass nun aber auch Friedhöfe in Mitleidenschaft gezogen werden ist fast schon spektakulär. Wir haben zwar immer wieder mal Übergriffe auf Friedhöfen, dass von Metalldieben zum Beispiel Buchstaben entfernt werden, oder dass Laternen oder Vasen geklaut werden. Aber direkt auf ein Grab in dieser Art einzuwirken, das ist bei uns in Köln schon lange nicht mehr der Fall gewesen. 

DOMRADIO.DE: Hatten Sie als Bestatter schon mal mit einem vergleichbaren Fall zu tun?

Kuckelkorn: Wir hatten tatsächlich in Köln vor vielen Jahren mal den Fall, dass eine Gruft gewaltsam geöffnet wurde, um darin eine Schwarze Messe zu feiern. Das ist natürlich noch mal auf einer ganz anderen Ebene verachtenswert.

Dass aber ein Erdbestattungsgrab versucht wurde zu öffnen, das haben wir Gott sein Dank in Köln noch nicht erlebt. 

Christoph Kuckelkorn

"Wenn ab und zu doch mal eine Streife über die Friedhöfe geht, wäre das sicher nicht die falscheste Entscheidung."

DOMRADIO.DE: In den vergangenen Wochen erleben wir mehr und mehr Übergriffe auf Politiker. Man spricht von einer Verrohung der Gesellschaft. Geht diese Grabschändung für Sie in die gleiche Richtung? 

Kuckelkorn: Es wäre sehr betrüblich, wenn das in diesem Kontext geschehen wäre. Das würde dem Skandal noch mal eine neue Dimension geben, die mich sehr nachdenklich macht. Generell ist der Umgang mit Würdenträgern und Politikern, mit Menschen in der Öffentlichkeit, sehr schwierig und bedenklich. Ich frage mich nur, wie man dem begegnen soll.

DOMRADIO.DE: Braucht es vielleicht mehr Sicherheitsmaßnahmen auch für Friedhöfe?

Kuckelkorn: Friedhöfe sind ja im Allgemeinen öffentlich zugänglich, außer in den Nachtstunden. Es ist auch ganz gut, dass da jeder dort hin kann. Ich finde aber schon, dass Friedhöfe mehr Aufmerksamkeit bekommen sollten. Sie verdienen das auch. Wenn ab und zu doch mal eine Streife über die Friedhöfe geht, wäre das sicher nicht die falscheste Entscheidung. 

Grab von Wolfgang Schäuble / © Marius Bulling (dpa)
Grab von Wolfgang Schäuble / © Marius Bulling ( dpa )

DOMRADIO.DE: Was bedeutet solch eine Schändung denn für die Familien und Hinterbliebenen?

Kuckelkorn: Es trauern ja viele Menschen. Familie, Freunde, Weggefährten. Deswegen sind Friedhöfe ja so besondere Orte, weil wir an dieser Stelle das Leben und das Lebenswerk eines Menschen auch würdigen und ihnen dort die verdiente Ruhe und eine Gedenkstätte geben. Wenn das nun in empfindlichem Maße gestört wird, ist das etwas ganz schlimmes, das mit den Hinterbliebenen auch viel macht. Man muss total aufgewühlt sein. Ich mag mich gar nicht in diese Rolle versetzen. 

DOMRADIO.DE: Was denken Sie als gläubiger Katholik über diese Schändung?

Kuckelkorn: Der Friedhof ist ein wichtiger Ort, weil wir dort alle unsere letzte Ruhe finden und auf das warten, was uns beschieden wird. Deshalb hat der Friedhof auch für Christen einen hohen Stellenwert. Nicht umsonst hat man Friedhöfe früher an den Kirchen angesiedelt. Damit liegt er auch in besonderer Nähe zum Glauben. 

Das wird auch bei vielen Grabstellen sehr deutlich, mit Kreuzen zum Beispiel, dargestellt. Was hier nun geschehen ist, hat einerseits die Totenruhe gestört, aber auch unseren Glauben an das, was danach kommt, mit Schande beschmutzt. Das ist verachtenswert. Da muss man auch handeln. Und gerade deshalb ist es wichtig, dass die Öffentlichkeit und die Sicherheit etwas genauer drauf schaut. 

Das Interview führte Renardo Schlegelmilch.

Kirche und Politik würdigen große Verdienste Schäubles

Spitzenvertreter aus Politik und Gesellschaft haben die Verdienste des gestorbenen CDU-Politikers Wolfgang Schäuble gewürdigt. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier nannte ihn am Mittwoch einen leidenschaftlichen Politiker und "Glücksfall für die deutsche Geschichte". Schäuble war am Dienstag im Alter von 81 Jahren gestorben.

Wolfgang Schäuble und Bischof Georg Bätzing 2021 in Berlin / © Fabian Sommer (KNA)
Wolfgang Schäuble und Bischof Georg Bätzing 2021 in Berlin / © Fabian Sommer ( KNA )
Quelle:
DR